[83] An die Frau von Breszlerin
Du Sappho Schlesiens und Laura unsrer Zeit,
Frau, deren seltner Trieb Geschlechtern Glanz verleiht
Und deren am Parnaß gehäufte Vorzugsgaben
Der Nachwelt Eifersucht mit Ruhm zu hofen haben,
Gelehrte Breßlerin, ach biethe mir ein Theil
Von deinem Überfluß in netten Reimen feil
Und lehre mich anjezt mit holden Gnadenblicken
Die Kunst, das, was man denckt, natürlich auszudrücken.
Ich bitt es nicht vor mich, es geht dein Lob mit an,
Damit ich nehmlich nur geschickt erklären kan,
Welch ehrfurchtsvolle Lust mich jenen Tag entzückte,
An dem dein guldner Mund mein truncknes Ohr erquickte.
Man lud mich unverdient zu deiner Tafel ein,
Dein Wiz versüßte mir den aufgedrungnen Wein,
Der an und vor sich selbst das Blut zu flügeln wuste
Und deinem Feuer doch an Adel weichen muste.
Der Gürthel, den Homer der Venus angedicht,
War blos von Zärtligkeit und Anmuth zugericht;
Mich deucht, du habest ihn in unsrer Zeit gefunden
Und jeden Reim damit der Ewigkeit verbunden.
Vermehrte Socrates durch Lehr und Wißenschaft
Bey Gästen manche Nacht der Speisen Werth und Kraft,
So war . . . dein Geschmack und Urtheil von dem Dichten
Das allerherrlichste von allen Schaugerichten.
Die Liebe, wie man sagt, kam zwischen Salz und Meer
Von Saamen aus der Höh aus Thau und Muschel her;
Nun scheint die Fabel wahr, da Weißheit und Vergnügen
Sich als ein Himmelskind in deinem Wappen wiegen.
So wie kein Reisender, der blos nach Wundern zieht,
In manchem Cabinet viel Kostbarkeiten sieht,
Wo Meng und Pracht und Werth den müden Blick ergözen,
Auf einmal fähig ist, sie ordentlich zu schäzen,
Doch nachmahls, wenn die Nacht sein Haupt zu Bette legt,
Im Finstern bey sich selbst des Tages Lust erwegt
[84]Und dann, soviel auch nur Schlaf und Gedächtnüß leidet,
Die Bilder wiederholt und beßer unterscheidet
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .