Der Alte

Der weisheitvolle Greis, der gegenwärtge Zeiten
Hofmeisterlich belehrt, der Freund der Schwierigkeiten,
Ist hämisch, mißvergnügt, der Erben Trost und Last,
Und hoffet, scherzt und liebt so frostig, als er haßt:
Nichts rührt sein schlaffes Herz, als kluge Münzgesetze,
Des Reichthums Majestät, die Heiligkeit der Schätze,
Die er mit List, mit Furcht, die ihn zum Sklaven macht,
Erwuchert, sammlet, zählt, umarmt, versteckt, bewacht,
Verehrt, verschont, beseufzt. Scharf, und wie Schiffer pflegen,
Sieht er nach Luft und Wind, und wittert Sturm und Regen,
Scheut so den kürzesten, als längsten Tag im Jahr,
Den Frühling, wie den Herbst, lebt mäßig wie Cornar,
Auch eh' ihm noch der Arzt die Hungercur empfiehlet:
Bis ihn des Todes Geiz dem schönen Gelde stiehlet.

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TextGrid Repository (2012). Hagedorn, Friedrich von. Gedichte. Epigrammatische Gedichte. Der Alte. Der Alte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3041-3