Ruffin

Ein schöner Herr, der Pflastertreter Krone,
Schon um fünf Uhr der Oper edle Zier,
Mit einem Wort: Ruffin, das Wunderthier,
Glaubt, daß in ihm die Weisheit sichtbar wohne.
Was macht ihn stolz? Der Thoren Alles: Geld.
Ein frommer Greis, den schon, seit vielen Jahren,
Fleiß und Verdienst und Mäßigkeit erhält,
Ward jüngst von ihm sehr höhnisch angefahren.
Der Alte sprach: Du machst mir nicht Verdruß:
Du bist nur reich, und trotzest mich vergebens:
Dir fröhnet nur ein eitler Ueberfluß,
Der Freund, doch nein! der Erbfeind deines Lebens.
Es ist dein Haus ein fürstlicher Palast:
Man sorgt, daß dir kein Leckerbissen fehle;
Du opferst oft so manches deiner Kehle,
Daß kaum dein Tisch der Schüsseln Menge faßt.
Mir aber ist ein andres Loos verliehen:
Wann kehrt bei mir der Schmeichler lächelnd ein?
Wann darf der Durst auf gar zu vielen Wein
Den Morgenschlaf zu zeitig mir entziehen?
Ich lebe nur in stiller Niedrigkeit.
Es wagt sich nichts zu meinen sichern Hütten,
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Als Wahrheit, Recht, Unsträflichkeit der Sitten,
Gesunder Witz und Selbstzufriedenheit.
Wie thöricht ist dein Hochmuth in Geberden?
O Jüngling, Jüngling, stell' ihn ein:
Was ich bin, kannst du nimmer sein;
Was du bist, kann ein jeder werden.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hagedorn, Friedrich von. Gedichte. Fabeln und Erzählungen. Erstes Buch. Ruffin. Ruffin. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-31C2-8