[191] 26.

Cantate, die in der allerhöchsten Gegenwart Sr. königl. Majestät Georg des Andern, Königs in Groß-Britannien, Frankreich und Irland, Beschützer des Glaubens, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg, des H.R. Reichs Erzschatzmeister und Churfürsten, in der Göttingischen Universitäts-Kirche mit Musik aufgeführet worden

den 1. Aug. 1748. 1


Besingt, ihr Musen, unsre Triebe,
Bringt unsre Freude vor den Thron!
Mischt mit der Stimme wahrer Liebe
Der tiefsten Rührung dankbarn Ton!
[192]
George kömmt, der Held, der Sieger!
Er lenkt den Muth erhitzter Krieger
Und schenkt der müden Welt die Ruh.
Wir aber fühlen Englands Glücke,
Er kehrt die Segen-reiche Blicke
Auch uns, auch unser Vater, zu.
Nach lang getragnem Stolz rächt er der Britten Ehre,
Sein Zorn dringt wie der Blitz durch beide Welten hin;
Den letzten West, der Morgenröthe Wiege,
Erfüllt der Schrecken seiner Siege;
Der Feind erkennt bestürzt den wahren Herrn der Meere,
In allen Seen bleibt kein Raum für ihn.
[193]
Hier bricht Georg die schnöden Ketten,
Die Deutschlands edlen Hals ohn ihn umschlungen hätten,
Er zahlt der Freiheit Preis mit seinem Blut;
Dort stürzt sein Arm des blinden Eifers Brut,
Die, plötzlich groß durch Raub und morden,
Aus nichts zum Riesen worden;
Sie liegt, mit einem Schlag erdrückt,
Und Gnade schont, was sich in Demuth bückt.
Wann aus zerschmetternden Gewittern
Der Strahl ein schuldig Land bestraft,
Wann die entsetzten Berge zittern,
Erkennt die Welt der Gottheit Kraft;
[194]
Wann aber die versöhnte Sonne
Aus fliehnden Wolken gütig blickt,
Erschallt mit einer dankbarn Wonne
Das Lob der Huld, die uns erquickt.
Der falschen Größe gram, die auf der Bürger Grab
Des Herrschers theure Säulen thürmet,
Und keinem Ruhme hold, den siegend Unrecht gab,
Zog er den Degen spät, der Recht und Freiheit schirmet;
Es ist vollbracht, er legt ihn siegreich ab.
Von Gott weit über eignen Wunsch erhoben,
Bleibt ihm der eine Wunsch, das allgemeine Glück;
Und allem eiteln feind, lässt er das Herz ihn loben
Und hält den lauten Preis des treuen Volks zurück.
[195]
Ja, rührender als selbst der Musen Saiten
Tönt der verborgne Dank, der aus dem Herzen quillt,
Ihn preist am würdigsten der Glückstand seiner Zeiten,
An Huld und Macht der Gottheit Bild.
Gerechtigkeit und Fried umgränzet sein Gebiete,
Glückselig Volk, dem Gott zum Herrscher ihn verlieh!
Es fühlt den weisen Schutz und die bemühte Güte
Und fühlt die Last des Zepters nie.
Herr! unser Leben hängt am deinen,
Für uns ists, wenn wir für dich flehn!
O laß noch lang dein Beispiel scheinen,
Nach dem gerechte Herrscher sehn.
Du dämpfst allein der Zwietracht Feuer,
Du hebst, wen stärker Unrecht fällt;
O halt noch lang Europens Steuer,
Dein Wohlstand ist das Wohl der Welt!

Fußnoten

1 Zu dem Triumphbogen, den die hohe Schule dem Könige aufrichten ließ, hat der Verfasser die Aufschriften und Sinnbilder erfunden. Er ist von Herrn Kanzler von Mosheim mit diesen Worten beschrieben: Die eine Seite der Ehrenpforte prangte unter dem Bilde des Gerüchts oder der Fama, mit dieser stark vergüldeten Aufschrift:

GEORGIO. SECVNDO.

PIO. IVSTO. FELICI. MAGNANIMO. DEFENS. FIDEI.

OB. RES. MAXIMAS. TERRA. MARIQVE. GESTAS.

RESTITVTAM. GERMANIÆ LIBERTATEM.

ADSERTA. IVRA. FŒDERVM.

PACEM. REPARATAM.

FVNDATORI. SVO. PATRIQVE.

ACADEMIA. GEORGIA. AVGVSTA. P.

Die Sinnbilder dieser Seite zielten alle auf die Heldenthaten und Siege des Königs. In der Muschel zur Rechten sah man ein von allerhand Waffen und Kriegswerkzeugen aufgethürmtes Siegesmal mit der Ueberschrift:

GERMANIA. LIBERATA.

Unter der Linie stund:

AD. DETTINGAM.

In der Füllung ließ sich der Kriegsgott sehen, dessen Schwert mit Lorbeerzweigen umflochten war. In dem kleinen Vierecke zwischen den Fußgestellen der Säulen war die Niederlage der Riesen, die sich wider den Jupiter empörten, abgebildet, mit den Beiworten:

VICTORIA. CALEDONICA.

Unten lase man:

DE. PERDVELLIBVS. AD. CVLLODEN.

Die Muschel zur linken Hand zierte eine Schffsäule oder Columna rostralis, worüber diese Worte standen:

IMPERIVM. MARIS. ADSERTVM.

Die Unterschrift erläuterte dieselbe:

AD. PROMONTORIVM. ARTABRVM. AD. TRILEVCVM.

Dieses sind die alten Namen der Vorgebürge Ortugall und Finistere, bei denen die französische Flotte in dem Jahr 1747 geschlagen ward. In der Füllung wiese sich der Gott des Meeres, Neptunus, der mit seinem Dreizacke ein Schiff versenkete. Unter diesem Gotte, zwischen den Fußgestellen der Säulen, erblickte man Indien in der Gestalt einer Frauensperson, die dem großbritanischen Admiral, hinter welchem die englische Unions-Flage wehete, Palmen überreichte. Oben las man:

VICTORIA. INDICA.

Unten:

HOSTIVM. MVNIMENTA. EVERSA. CLASSES.

CAPTÆ. ET. DEMERSÆ.

Die andere Seite des Triumphbogens war mit Bildern und Zierraten geschmücket, welche die vornehmsten Thaten des Königes in den Zeiten des Friedens rühmeten. Oben in dem großen Raume, der von den Bauverständigen die Attica genennet wird, kniete das Churfürstenthum Hannover, das sich auf sein Wappenschild stützete, vor dem auf dem Throne sitzenden Könige; die Ueberschrift hieß:

ADVENTV. OPTIMI. PRINCIPIS. FELIX. PATRIA.

Unten stand:

HIC. AMAS. DICI. PATER. ATQVE. PRINCEPS.

Zur Rechten sah man in der Muschel den geschlossenen Tempel des Janus mit den Worten:

VBIQVE. PAX.

In der Füllung zeigete sich das Bild der Gerechtigkeit, die ihr Schwert mit Oelzweigen bekränzet hatte. Unter derselben in dem Vierecke zwischen den Fußgestellen der Säulen hielte der Gott des Krieges, Mars, eine Waagschale, in deren Schalen die Wappen der beiden Häuser Oesterreich und Bourbon lagen. Die Schale mit dem österreichischen Wappen schien sich zu heben; Großbritanien drückte sie aber mit dem Dreizacke, den es in der Hand hielte, herunter. Die Ueberschrift hieß:

ÆQVILIBRIVM. EVROPÆ. RESTITVTVM.

Die Muschel der linken Hand fülleten die Schutzgeister verschiedener Wissenschaften, die in der Arbeit begriffen waren. Den Zweck ihrer Arbeiten erklärten die obenstehende Worte:

IN. PVBLICA. COMMODA.

Die Unterschrift bestimmte ihn deutlicher:

ACADEMIA. GEORGIA. AVGVSTA. CONDITA.

In der Füllung stand das Bild der Mildthätigkeit oder der Munificenz, so wie sie auf den römischen Münzen abgebildet wird. Den Platz zwischen den Füßen der Säulen zierte eine Sonne, welche die ganze Erdkugel bestrahlte. Oben stand:

VTRVMQVE. BENIGNVS. IN. ORBEAM.

Und unten:

COLONIA. IN GEORGIAM. DEDVCTA.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Haller, Albrecht von. Gedichte. Versuch Schweizerischer Gedichte. 26. Cantate. 26. Cantate. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-33CB-4