[Hier sitz' ich an dem Rand/ in deines Vfers Schatten]

Nach diesem liesse er sich durch die vielfältige Beqemlichkeiten der Vfere daselbst/ (als deren schammarirte Wasen von der kunstahmenden Natur hügelartig erhebt/ und die vorbeygehenden etlicher massen/ alda ergötzliche Ruhe zu nehmen/ einluden) sowohl auch durch die von langem Gehen ermüdete Glieder dahn beredē/ daß er/ schertzweis zu reden/das Maß seiner Länge in dem Schos seiner Grosmutter nahme. In solchem betrachtete er unterschiedlich die Gegenständnisse seiner Augen und Ohren/ und weidete alle seine Sinne mit denen alda zur Gnüge befindlichen Anmutigkeitē: Die Ohren 1 ertäubeten gleichsam von dem lieblichen Gesäusel des Flusses (welcher daselbst seine krausse Wellen an etliche Reussen-pflökke sänftlich schluge/ und mit einem erfreulichen Gedrösche zu rükke pralen machete) wie auch nicht minder von denen verkrümmelten Abkehlungen der freuddigen Luftkinder/ die Augen belustigten sich mit Anschauung der mit Blumen bestirneten und mit Klee begelbeten Auen/ Mit der Nase zoge er an sich die hertzerquikkende Wolriechenheit selbiger Feldapoteken/ mit der Hand schöpfete er aus einē beyhinrauschendem [6] silberklaren Bach/ und erfrischete damit seine matte Geister: Kurtz/ alle Elemente waren gleichsam einhällig auf seine Ergötzung bedacht/ und gaben seinen Kräften einen kräftigen Zusatz/ daneben seine Gedanken/ in das Weite zu lauffen/ und solcher gestalt noch mehr Vergnügung einzuholen anreitzende und gleichsam anhertzende/ vermittels welcher er endlich/ nach vielen Irrwegen/ auf den betaurlichen Zustand seines Vatterlandes geriehte.

Alsdann klagte er mit beweglichen Worten an sein widersinniges Glükk/ daß es ihme noch zur Zeit nie/selbiges heimzusuchen/ vielweniger etwas gewisses von dessen erneuerlichen Wolstande zu hoffen/ vergönstigen wollen/ hengete auch diesen seinen Vorstellungen so lang nach/ biß sie ihn in folgende Reimzeilen herausbrechen macheten:


Hier sitz' ich an dem Rand/ in deines Vfers Schatten/
Du schlanker Pegnitzfluß/ hier nehm ich meine Rast/
Hier schau ich deiner Fluht nicht-ungestümmen Brast/
Hier seh ich neben dir die frischbegrünten Matten.
Du aber/ Vatterstrom in meinem Mutterland/ 2
Ist dein Geräusche dann von Lust so weit entsessen/
Daß deiner Vfer mich ein fremdes macht vergessen?
Nein/ Vnglükk Vnglükk hat dich mir/ mich dir entwandt.
Es schwebet über dir ein schweres Himmelhassen/
Der Weltgemeine Sturm/des Krieges Jammerglut.
Kürtz'/ O du Wolkengott/ des starken Wetters Wut/
Laß ach! die Eger frey durchrauschen ihre Gassen/
Die manches Thal durchwäscht. Dann soll mir ihre Lust
Stäts eine Wollust seyn/ ein süsser Sinnenmust.

Fußnoten

1 Objecta.

2 Vatterlands' Sehnen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Gedichte. Fortsetzung der Pegnitz-Schäferey. Hirtengedichte. [Hier sitz' ich an dem Rand- in deines Vfers Schatten]. [Hier sitz' ich an dem Rand- in deines Vfers Schatten]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-34D4-6