[Wo des Schattens Fittich schwebet]
Sie erkandten alsobald/ daß die ersten Zweye/ Myrtillo und Leria/ ihre Gedächtnis/ (als welche ihr Glükk und Geschikke vor etlichen Monaten anderswohin geruffen/) solcher gestalt würden hinterlassen haben/ der dritte aber/ Alcidor/ vielleicht ihnē zur Folge/ das seinige beygesetzet. Daher sie sämtlich beschlossen/ ein jeder auch das seinige beyzutragen: Gestaltsam sie es sobald an eben selbigem Baum zu Werk richteten/wie folget:
Strephon – das Mayenblümlein.
Wo des Schattens Fittich schwebet
1Ob der Auen Sommerkleid/ weinet zu der Winterszeit
Was in diesen Triften lebet:
Vnsrer Nymphen Wangen giessen/
Trehnen/ gleich dem Bergkrystall/ und von solcher Zehren Fall
2Sieht man diese Blum entspriessen.
In dem stoltzen Blumengarten
Findet man dergleichen nicht/ darüm hält dich mein Gedicht
Höher als die andren Arten.
Majenblümlein deine Glokken
Sind zerspaltnen Perlen gleich/ der sich untersteht/ entweich/
Eins von diesen abzupflokken.
Montano – die Feldnäglein.
Der Nelken Purpurkleid erfreut der Augen Liecht/
3Ihr Ruch bestärkt das Haubt/ ihr Saft den Gift verjaget:
So redt der Freuden-Sinn auch aus dem Angesicht/
Es schärfet den Verstand die Tugend wo sie taget/
[65]Der Laster Schlangengifft kränkt Tugendhertzen nicht.
Die Blum beliebet mir/ die meinen Namen saget/
Die Berg- und Hügelblum/ von Strephon zuerkennt:
Blum und mein Ordensband mich den Montano
4 nennt.
Klajus – der Klee.
Wie der Bokkgefüste Pan dieses Gantze deutet an
Welt und See/
Feld und Klee/
Alles
5/ was man nennen kan:
Also/ was ein Dichter kan/ ist diß Gantze üm und an
Glut und Luft
Fluht und Gruft
und der Horngefüste Pan.
Weil der hufgefüste Pan Klee mit Tritten pflantzen kan/
Nimt mit Ruhm
Klee zur Blum
Vnser Schäfer Klajus an.
Floridan – die Sammetblum.
Wann die Nymphen sich ergötzen/ und sie etwan in dem Hetzen
Ritzet ein ergrimmtes Tiehr/
Machet/ was der Ritz gegossen/ Sammetblumen fürherschossen:
Diese Blum behaget mir.
Felder pflegen auch zu prachten/
Die der Blumen Sammet stikkt/ und der Perlentau erqwikkt/
Weide neiden die Smaragden/
Dort der Bäche Silber-wall
Kreuchet nächst den Gold-kleepfaden/ und die Fluht an den Gestaden/
Waltzet uns den Berg-Krystall.
Drüm wird niemand uns verdenken/
Daß wir uns den Hürden schenken.