[Hoer/ wo bist du? Echo, sey uns Echo hier]

Nach diesem eilete ich/ und gab meiner Reiß endliche Endschaft/ mich in meine jetzige Hürde begebende. Der Himmel ist mir aber seither so gönstig gewesen/daß ich/ wie meinem wehrtē Klajus nicht unbewust/nicht allein Strephons hohe Kundschaft erlanget/ sondern auch von ihme in seine aufgerichtete Schäfer-genoßschaft gewogentlich eingenommen/ und zum Merkezichen dessen auch mit einem weissen Band wohlmeinende beschenket worden.

Also hat mein geliebter Klajus/ sagete Floridan/ümständlich vernommen die Abstattung seines vormahligen Ansinnens. Im übrigen versprich ich mir hinwiederüm von ihme eine sothane Freund-Bezeugung/ Er werde sich nicht mißbelieben lassen/ mir/ als seinem Ordens-Verwandten/ [27] auch mit wenigem zu berichten/ von dem Anlaß zu dieser unsrer Gesellschaft/und warüm rümlichsterwänter Strephon dessen Mitglieder mit einem Band zu begaben pflege/ massen ich es nach der Zeit eigentlich nicht zu wissen gebracht: Verhoffe aber allhier keine Fehlbitt abgelegt zu haben.

Wol/ wol/ mein Floridan/ gab Klajus zur Antwort: So begierlichen kan Floridan nit seyn/ solches von mir zu vernemen/ als Klajus allbereit ist/ dessen Ohren solches aufzutragen.


Wisset derhalben/ daß
Die Göttin/ welche stäts mit tausend Augen sieht/ 1
Was in der Sonnenwelt/ im weitē Rund geschieht/
Die tausend Ohren spitzt/und heele Sachen redet/
Mit tausend Zungen aus/– – –

Dazumal/ als sie Strephon und mir das Hochzeitliche Festbegängniß zweyer ädeler par Verliebten (das euch zwar nicht unbewust seyn wird/) angekündet 2/und zugleich auch beyden aufgetragen/ dieselbigen mit einem und dem andren Lob-Gedichte und Glükkwünschungs-Lied erfreulichst zu verehren/ uns beyden einen Preiß aufgeworfen/ nämlich einen Krantz/ welcher dessen seyn solte/ der mit Kunstsinnigen Erfindungen und belieblichen Reimarten es dem andern/ bey besagten Ehrē- und Braut- Wünschen/zuvor thun würde. Nun täten wir aber folgends hierinnen beydes/ denen Verliebten und Verlobten/ und dem Gerüchte/ (so viel ihr selber davon urtheilen könnet) nicht ein schlechtes Genügen/ und wurden unsre Feld-abhandlungen von jenen mit merklichem Wohlgefallen angenommen: Diese aber kame zwar wieder zu uns/ und lösete besagten Krantz von ihrer versilberten Trompeten/ aber sie wolte weiter keinen Ausspruch geben/ wem er unter uns beyden zustünde/ sondern erteilte allein unsren Gedichten durch ihrer Zungen eine einen schönen Lobspruch 3/ und verschwande sobald darauf vor unsren Augen/ nachdem [28] sie zuvor den Preiß an den Ast eines Buchbaums gehenget.

Wer war übler zu frieden/ als wir/ nachdem wir unsre unparteyische Richterinn das Richteramt also abtreten sahen. Ich wiche aber meinerseits Strephon willig/ wie dann auch billich war/ nahme den Krantz von dem Baum/ und setzte den ihme auf das Haar/und entgab mich zugleich aller meiner Anforderung/die ich darzu haben mochte. Es wolte aber Strephon nicht/ daß ich/ als ein Mitsächer/ in eigner Sach oder Fehde solte Richter seyn/ vielweniger begehrete er den Krantz/ auf meinen Zuspruch/ für sich zu behalten/ sondern name mich bey der Hand/ und fürete mich unferne von hier zu einem Gefälse/ in dessen vielfältig-unterbrochnen Hölen und Klüften die Nymfe Echo ihre Wohnstelle hatte: Dieser Ort/ sagete er/ soll uns in dieser Sach entscheiden/ Klajus lasse sich nur belieben/ ihn hierüm mit mir zu begrüssen. In alle Wege/ gab ich zur Antwort/ und damit fiengen wir alle beyde an/ dem Gegenhall unsre Strittigkeit vorzutragen/ wie folget:


Strephon.

Hoer/ wo bist du/ Echo? sey uns Echo hier. 4
E. Echo hier.
Sprich/ Lüfte-Tochter/ ein gerechtes Richten.
E. rechtes Richten.
Du kanst den harten Hirten-Hader schlichten.
E. Hader schlichten.
Nymphe/ nun dein Widerruffen ruffe mir.
E. ruffe mir.
Klajus.

Du hast vernommen ja/ was unser Zanken ist?
E. Zanken st! 5
Nicht Zanken unser Zwist/
Den dieser Krantz in seinen Blumen heget/
Mit Lorber-Laub beleget.
[29] Strephon.

So sage dann/ wer hat den Preiß ersungen/
Mit Lob nach Lob gerungen?
E. obgerungen?
Ja/ sprich den Auspruch aus/ wem ist doch zu erkand
Diß hohe Wolken-Pfand?
Klajus.

Wo sollen wir (du stokkst) sonst Vrtheil hoffen?
E. Nur Theil hoffen?
Ach nein/ dein Vben übt ümsonst/
Im fall du liebest beyder Gunst.
E. ey der Gunst!
Bey diesem stehet uns kein Heil in Teilung offen.
E. Heilung offen.
Strephon.

Nicht/ wieder flikken ihn/ das ist vergebne Müh.
E. ebne Müh.
Wie kan/ wann dieser ist zergäntzt/
Von uns doch einer seyn bekräntzt?
Du wilt/ daß deß sich keiner rüme nie.
E. Rümen ie
Klajus.

Wem kan er/ lieber/ also nützen?
E. all so nützen.
Wann seine Wind- und Bindung wird zerstört?
Er kan so nichtbeym Scheitel sitzen.
E. eitel sitzen.
Ja/ eitel wird er seyn/ wann ihn ein Riß verheert.
E. Riß verehrt.
Strephon.

Was thun wir dann nun mit dem Krantz?
E. nit dem Krantz.
Wem wird er/ wann er wird von uns entwunden/ werdē?
E. bunt den Wehrten.
Wem wird er/ sag/ nach Würden gantz?
E. Hirten gantz.
[30]
Ey was! du machst hiemit uns mehr Beschwerden.
E. Ehr-beschwerden.
Klajus.

Nymphe/ ja uns will dein Tönen hönen hier.
E. sönen hier.
Ha/ ha/ wir wollen selbst den Zwispalt schlichten.
E. diß bald schlichten.
Weil Falsch und Vnrecht immer ist dein Richten.
E. misst dein Richten.
Forthin schwätzt diß Schäferpar nicht/ Echo/ dir.
E. Echo dir.

Fußnoten

1 Das Gerüchte Virg. 4. AE. Fama malū.

2 Sihe Sir. unn Kl. Schäferg. Bl. 22.

3 Encomium.

4 Echo. Vrtheilheischung.

5 St. Vocula Interject. ein Zwischenwort.

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TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Gedichte. Fortsetzung der Pegnitz-Schäferey. Hirtengedichte. [Hoer- wo bist du- Echo, sey uns Echo hier]. [Hoer- wo bist du- Echo, sey uns Echo hier]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-35EC-A