Heinrich Heine
Gedichte 1853 und 1854

[195] 1

Ruhelechzend

Laß bluten deine Wunden, laß
Die Tränen fließen unaufhaltsam –
Geheime Wollust schwelgt im Schmerz,
Und Weinen ist ein süßer Balsam.
Verwundet dich nicht fremde Hand,
So mußt du selber dich verletzen;
Auch danke hübsch dem lieben Gott,
Wenn Zähren deine Wangen netzen.
Des Tages Lärm verhallt, es steigt
Die Nacht herab mit langen Flören.
In ihrem Schoße wird kein Schelm,
Kein Tölpel deine Ruhe stören.
Hier bist du sicher vor Musik,
Vor des Pianofortes Folter,
Und vor der großen Oper Pracht
Und schrecklichem Bravourgepolter.
Hier wirst du nicht verfolgt, geplagt
Vom eitlen Virtuosenpacke
Und vom Genie Giacomos
Und seiner Weltberühmtheitsclaque.
O Grab, du bist das Paradies
Für pöbelscheue, zarte Ohren –
Der Tod ist gut, doch besser wär's,
Die Mutter hätt uns nie geboren.
[195]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Heine, Heinrich. Gedichte. Gedichte 1853 und 1854. 1. Ruhelechzend. 1. Ruhelechzend. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4753-8