Mein Weinlied

Manch edler Trank hat mich geletzt
Vom Rhein, Tirol und Franken,
Dafür will allezeit und jetzt
Ich meiner Kehle danken.
Denn in des Lebens Wirren bleibt
Wohl wert, was gut gegoren,
Wenn man es nur nicht heimlich treibt
Nach Art der Potatoren.
Auch schwör' ich mich in puncto Wein
Und andrer schöner Dinge
Durchaus nicht auf den Chauvin ein,
Weshalb ich zärtlich singe:
[199]
Ein alter Valle d'oro schmeckt
Öl-perlend höchst gediegen,
Wenn er im Korbfiasko steckt
Und scheint nicht zu versiegen.
So nach Bordeaux und nach Burgund
Wallfahrt' ich immer gerne,
Nach euch »weint« grade mir der Mund,
Chablis und Haut Sauternes.
Passiert zwar etwas rarer schon,
Euch innig zu begrüßen,
Doch dann seid ihr auch Sängers Lohn,
Sein Leben zu versüßen.
Wär' ich ein Heuchler, hütet' ich
Mich wohl, den Wein zu loben,
Das geht mir völlig wider 'n Strich
Nach den zitierten Proben.
Zum Wasser sind mit Recht verdammt
Die Alkoholisierten ...
Drum: Hoch, was von der Rebe stammt,
Doch wehe den »Geschmierten«!

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TextGrid Repository (2012). Henckell, Karl. Gedichte. Buch des Lebens. Mein Weinlied. Mein Weinlied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4F6A-9