[208] Unser täglich Brod gieb uns heute
Gieb mir heut mein täglich Brod,
Das Geheimniß Deiner Liebe!
Groß wär' meiner Seele Noth,
Wenn sie ohne Nahrung bliebe.
Was dem Moose linder Thau,
Sonnenschein der Sonnenwende,
Milder Regen dürrer Au,
Ist mir diese Lebensspende. –
Nimmer faßt ein Menschensinn,
Herr! die Größe Deiner Liebe;
Nimm zum Dank mein Leben hin,
All mein Sinnen, meine Triebe.
[209]
Und den Armen, die noch fern
Draußen irren vor der Thüre,
Sende Deiner Wahrheit Stern,
Der sie zu der Hürde führe,
Wo der siebenfache Quell
Heilt der Seele tiefste Wunden
Und am Born, krystallenhell,
Süße Weide wird gefunden.
O, mich dauert ihre Noth:
Irr' gehn Viele, tief umnachtet;
Brich, o Herr! Dein Lebensbrod
Jeder Seele, die da schmachtet!