Macht der Liebe

Nach dem Spanischen.


Liebe wechselt Berg' und Thale,
Machet Höhn und Tiefen gleich,
Diese Flur zum Göttersaale,
Jenen Hain zu Paphos' Reich.
Wer geliebet wird und liebte,
Schäfer oder Schäferin,
König dünkt sich der Geliebte,
Die Geliebte Königin.
Welch ein Ton von zarten Saiten
Singet meinen Tönen nach?
Sind es Geister? Sie begleiten
Mich mit ihrem Wunsch und Ach.
»Warum wurden wir betrübet?
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Fühleten wir nicht mit Euch?
Liebt, so werdet Ihr geliebet;
Gleichgefühl ist Gottes Reich.«
Steiget nieder zu dem Thale,
Kalte Höhen, dürr und reich!
Macht die Flur zum Göttersaale,
Gebet und genießt zugleich!
Liebe kränzet nur mit Myrten;
Doch im seligsten Gewinn
Wird der König gern zum Hirten,
Die Sultane Schäferin.

Notes
Erstdruck in: Schillers Musenalmanach für 1797.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Macht der Liebe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5689-E