[99] Angedenken an Neapel
1789.
Ja, verschwunden sind sie, sind verschwunden,
Jene kurzen, jene schönen Stunden,
Die auch ich am Pausilipp erlebt.
Holder Traum von Grotten, Felsen, Hügeln,
Inseln und der Sonne schönen Spiegeln,
Seen, Meer – Du bist mir fortgeschwebt!
Fortgeschwebt die zaubernde Sirene,
Die mich ohne süßer Flöten Töne
Schwesterlich in ihre Arme nahm;
Und mein Herz schlug voller und geschwinder,
Und mein Blut floß reiner und gelinder,
Da ihr Athem mir entgegen kam.
Sehnend sah ich ihres Busens Wellen
Sanfter sich und reger zu mir schwellen,
Schwamm dann mit der Fläche sanft dahin;
Sah den schönen Kranz von Fels und Hügeln,
Sah die Sterne, sah den Mond sich spiegeln
In der süßen Freudegeberin.
Sah die Inseln in den Wellen schweben,
Träumt' auf ihnen ein beglücktes Leben,
Unbekannt und aller Welt entflohn;
Sammelt' nur um mich den Kreis der Meinen –
Ach, Ihr Wellen, oft saht Ihr mich weinen
Um sie, für sie, zu der Göttin Thron!
Wenn die Abendröth' im stillen Meere
Sanft verschwebte, und mit seinem Heere
Glänzender der Mond zum Himmel stieg,
Ach, da flossen mit so neuem Sehnen
Unschuldvolle, jugendliche Thränen;
Nur ein Seufzer sprach, und Alles schwieg.
Nimmer, nimmer sollt Ihr mir entschwinden,
Immer wird mein Herz Euch wiederfinden,
Süße Träume, rein und zart und schön.
Nie wird Euch mein Auge wiedersehen,
[100]Doch ein Hauch wird lispelnd zu Euch wehen:
»Ich, auch ich war in Arkadien.«