An die deutsche Jugend
Bei Gelegenheit der Verbannung von Robert Prutz
Ihr spottet unser, stolze Würdenträger?
Baut nicht zu viel auf euer Ahnenschild!
Vielleicht noch einen Tag die wilden Jäger,
Vielleicht schon morgen das gejagte Wild!
Mit manchem Worte wollt' er euch bedeuten,
Mit manchem Wort zu Frommen euch und Nutz:
Ihr aber zwangt den Dichter, Sturm zu läuten –
Nimm, deutsche Jugend, nimm sein Lied in Schutz!
Ich spielte freilich nur auf einer Saite,
Die euch, erlauchte Herren, stets mißfällt:
Doch rief nicht ich, bei Gott! nicht ich zum Streite,
Zum Streite ruft der neue Geist der Welt!
Und jauchzt das Volk und schwingt es seine Mützen,
Wollt ihr den Leiermann drum ächten? Tut's!
Der Adler weiß die Nachtigall zu schützen –
Nimm, deutsche Jugend, unser Lied in Schutz!
Leicht können wir der Fürsten Gunst entbehren
Für eines Bettlers Herz, das wir gerührt!
Sie soll mich auch in Zukunft singen lehren,
Die mir die Hand zum ersten Lied geführt.
All meine Schätze leg' ich ihr zu Füßen:
Die Freiheit ist ein Weib und liebt den Putz.
Jawohl! ich werd' ihr Sklave bleiben müssen, –
Nimm, deutsche Jugend, nimm mein Lied in Schutz!
[99]Sie, die kein Wetter aus dem Schlafe rüttelt,
Die Treibhauspflanzen, die ein Mädchen hegt,
Indes der Sturm die Brüder draußen schüttelt:
Die Dichter haben nie dein Herz bewegt;
Du lächelst ob der Demut unsrer Alten,
Und willst nur Zorn und kühner Worte Trutz;
Zwar hinkt mein Vers, doch ist er ohne Falten, –
Nimm, deutsche Jugend, nimm mein Lied in Schutz!
Gleichwie die Lerche grüßt den ersten Funken,
Der aus dem Aug' des jungen Tages bricht:
So macht ein Strahl von Hoffnung schon mich trunken,
Ich brauch' die Sonne der Erfüllung nicht.
»Es muß geschehn, und darum wird's geschehen!«
Schriebst du nicht also, mein geliebter Prutz?
Kein Korn der Freiheit darf verloren gehen –
Nimm, deutsche Jugend, unser Lied in Schutz!