47.

Nach langem Ringen ist der Tag gewichen;
Ein reizend Weib im leichten Silberflor,
Tritt Luna hinter dem Gebirge vor,
Der Ostwind ist ihr neckend nachgestrichen.
Und eine bunte Schar von wunderlichen
Gestalten taucht vor meinem Blick empor,
Sie kommen zaghaft, wie ein Mädchenchor,
Und wie auf Zehen zu mir angeschlichen.
Ein Rauschen naht von tausend, tausend Schwingen,
Ich fühl', wie Geister meine Stirne küssen
Und mir die Hände legen auf das Haupt.
Ich hör' die Sterne aus den Lüften singen:
»Wohl dem, den wir noch wachen Augs begrüßen,
Der an die Nacht, die heilige, noch glaubt!«

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TextGrid Repository (2012). Herwegh, Georg. Gedichte. Lieder eines Lebendigen. Erster Teil. Sonette. 47. [Nach langem Ringen ist der Tag gewichen]. 47. [Nach langem Ringen ist der Tag gewichen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5F2D-0