1.
Ihr, denen ward das Blut vor Trauer bleich,
Ihr, die der Sturm der Qualen stets durchrast,
Ihr, deren Stirn der Lasten weites Reich,
Ihr, deren Auge Kummer schon verglast,
Ihr, denen auf der jungen Schläfe brennt
Wie Aussatz schon das große Totenmal,
Tretet heran, empfangt das Sakrament
Verfluchter Hostien in dem Haus der Qual.
Besteigt die Brücke auf dem schwarzen Fluß,
Darüber wallet der Verfluchten Schar.
Und dunkel grüßt euch groß der Portikus,
Durch den in Dämmrung glänzt der Hochaltar,
Den tausend Kerzen schmücken, die von Blut
Und Fett der Ungebornen sind gedreht.
Wo Knochen hängen, und der rote Sud
Teuflischen Weihrauchs euch entgegenweht.
Wo Priester in der höllischen Soutane
In Reihen knien, zu hellem Meßgeläut,
Wo von den Kanzeln Fahne über Fahne
Wie rote Höllenflamme euch bedräut.
[231]
Ein nackter Abt bläht vor dem Götterbild
Den feisten Bauch, da er die Messe singt.
Er greift den Kelch, mit rotem Blut gefüllt,
Den hoch er auf das Haupt der Menge schwingt.
»Trinket mein Blut.« Er trinkt den Becher leer,
Der in sein Herz wie rote Lava quillt.
Sein Gaumen leuchtet wie ein rotes Meer,
Der von dem Glanz des Götterblutes schwillt.
Auf euren Schläfen, wo der Horst der Qual,
Die schwarze Bastion der Hölle droht,
Springt eine Flamme auf, die spitz und schmal
Wie der Skorpione schwarze Zunge loht.
Nachtschwarze Wolken drängen in den Dom
Voll Sturm und Blitzen durch das große Tor.
Ein Wetter tost. Im schwarzen Regenstrom
Versinkt der Orgel Ton im fernen Chor.
Die Gräber springen auf. Der Toten Hand
Streckt weiß und kalt die Knochenfinger aus.
Sie winken euch aus ihrem dunklen Land.
Und ihr Geschrei erfüllt das Riesenhaus.
Die Fliesen brechen auf. Und Lethe braust
Tief unten über einen Wasserfall.
Der Abgrund schwindelt Meilen tief und saust
Voll ungeheurer Stürme weitem Hall.
[232]
Die Höllensöhne fahren ihn herab
Mit schwarzem Takelwerk durch den Typhon.
Sie schauen singend in das weite Grab
Vom Totenkopfe ihrer Schiffs-Galion.