[374] 19. Naturtrieb

Wer als strebender Künstler nach Rom wallfahrtet voll Andacht,
Mitleidswürdig zuerst scheint er den andern und sich.
Denn hier ist so Großes geschehn, so gewaltige Fußspur
Ließen die Alten zurück in dem empfänglichen Staub:
Ach, wie klein, wie verspätet und kümmerlich scheint sich der Enkel!
Pinsel und Meißel und Stift legt er mit Seufzen beiseit.
Aber getrost! Der Naturtrieb wacht. Wie immer dassuum
Esse beschaffen, es sorgt, sich's zu erhalten, der Mensch.
Bald erwählt sich ein jeder nach seiner Art und Begabung
Irgendein kleines Gebiet, das er mit Eifer bebaut.
Neben Cypressen und Palmen gepflanzt, nimmt freilich ein Kohlfeld
Nicht zum besten sich aus, aber es nährt doch den Mann.
Und nun malt er vergnügt Ciociaren und bunte Veduten;
Kuppelnde Lohnlakain führen die Käufer ihm zu.
Einige hab' ich gesehn vor einem Vierteljahrhundert,
Damals rüstig bemüht, Ruhm zu verdienen und Geld;
Und nun fand ich sie wieder, vom Ruhmesfieber genesen,
Nur noch rüstig bemüht, Geld zu verdienen und Geld.
Ja, gottlob! Roms Luft ist gesund, und just die Philister,
Hier in der Petersstadt werden sie petrifiziert.

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TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Italien. Kunst und Künstler. 19. Naturtrieb. 19. Naturtrieb. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-63C6-8