8.
(Am 5. April)
Mit jedem neuen Kind wirst du zum Kinde.
Der Werdeschrei des jungen Lebens sprengt
Des grauen Herzens narbenvolle Rinde,
[212]Daß es wie Frühlingsschauer dich umfängt
Und dir erblüht ein selig Mitempfinden
Der Lebenslust, die hier zum Lichte drängt.
In Tränen will das Auge dir erblinden;
Die Schatten, die den Erdentag umgraun,
Im Strahl der Hoffnung müssen sie verschwinden.
O holder Mut, o lächelndes Vertraun!
Es lebt! – und alle Sorgen sind vorbei.
Wer möchte noch zurück nach Gräbern schaun?
Nur mir hat dieser benedeite Schrei
Das Auge nicht getränkt mit Freudengüssen;
Erstarrt im dumpfen Graun stand ich dabei.
O Kind, wie harmvoll mußt' ich dich begrüßen
Und habe meines Schluchzens Kampf und Beben
Erstickt an deines Mündleins ersten Küssen.
Die Stunde war zum Eintritt in das Leben
Nicht klug gewählt, zu kurze Frist vergangen,
Seitdem dein Bruder uns Valet gegeben.
Die Hand, die eben seine blassen Wangen
Geliebkost, kühl von Todesschweiß beronnen,
Wie sollte sie dein Händlein nun umfangen?
Wie töricht schienst du mir, wie unbesonnen,
In diesem Würfelspiel dein Glück zu wagen,
Drin jener seinen Einsatz kaum gewonnen!
Da hört' ich deine Mutter nach dir fragen:
Wo ist das Kind? O gebt es mir, o gebt,
Und laßt mich fühlen seines Herzens Schlagen!
Und wie dein kleiner Mund an ihrem bebt'
Und sie mit mattem Lächeln, von Entzücken
Wie trunken, hauchte: Unser Kind! Es lebt! –
Da sprang der Reif um meine Brust in Stücken,
Und ich erkannte, daß du wohlgetan,
Da du's gewagt mit dieses Lebens Tücken.
Es leuchtet doch ein Stern auf deiner Bahn,
Der wohl des Weges Mühe kann vergüten
Und dir zu Häupten stand, dich zu empfahn:
Ein Mutterauge wird dein Leben hüten,
Ein Mutterherz dir deine Schmerzen lindern,
Ein Muttersegen reifen deine Blüten –
So wag es denn, mit andern Mutterkindern!