4.

Ratet, von wem ich komme, Don Pavolo! – Von der Gevattrin?
Falsch! – Von der Schneiderin? – Falsch! – Dann von der Messe gewiß!
Nein, Ihr wollt's nicht raten! – Bei San Francesco, Luisa,
Gern; wer aber errät Mädchengedanken und -tun? –
Bei Mariuccia war ich. – Bei der! – Nun tut mir der Herr doch,
Gar, als wäre das nichts. – Wenig, Luisa, für mich. –
[319]
Habt nur Geduld; gleich kommt es an Euch. Ich macht' ein Geschäft mir
Heut am Morgen und tat Seidengespinst in den Korb,
Daß sie ein Band mir webe; sie hat im Haus die Geräte.
Und ich fand sie, allein Mutter und Schwester mit ihr,
Richtet' es aus und hoffte von Euch ein Wörtchen zu plaudern,
Aber die anderen zwei horchten; ich hütete mich.
Und so war ein Stündchen vertan. Da ging ich, und mit mir
Ging Mariuccia. Wie gern hätte sie nun mich befragt!
Also stehen wir unter der Tür. Ich sage: Commare,
Sag' ich, besuchst du mich nie? – Aber sie schüttelt den Kopf.
Nein, denn ich darf nicht, sagt sie; du weißt, nicht liebt es die Mutter,
Weil ihr ein Wirtshaus habt. – Närrchen, es stehet ja leer;
Noch ist keiner gekommen zum Seebad. – Aber es wohnt doch
Einer bei euch. – Nun der, sag' ich, – wie findest du den? –
Ei, nicht übel. – Verstelle dich nur, Spitzbübin! du hast ihn
Gern, und du weißt, er dich! sag' ich. Da lacht sie und schweigt.
Aber auf einmal faßt sie mich um und küßt mich, ich denke
Gleich, sie erstickt mich, und dann läuft sie wie Wetter davon.
Und ich ruf' es ihr nach: Den Kuß, Mariuccia, bestell' ich,
Aber du weißt wohl, wem. Richtig; sie dreht sich und nickt:
Tu's Luisa! und weg, ins Zimmer hinein. Die Arme!
Denk' ich, sie hätt' es allein freilich am liebsten bestellt.
Chi va piano va sano; es kommt ihr, eh' sie es denket.
Aber so stehet es jetzt, Herr, und da hab' ich den Kuß.
Wollt Ihr ihn auch? – O edle Luisa – Also da ist er!
Seht, Don Pavolo, dies tut die Luisa für Euch:
Anderen tät' sie's nimmer; doch Ihr, Ihr wisset, was Scherz ist,
Und dies alles, es sind Possen. Nun aber im Ernst:
Geb' ich den Kuß nicht wieder für Euch? Und hättet Ihr keinen
Mir zu bestellen? Es wär' jetzo in einem getan. –
Liebe Luisa, ich tat ein Gelübd, nie Küsse zu geben;
Küsse zu nehmen – ja, das scheint ein besonderer Fall.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Idyllen von Sorrent. 4. [Ratet, von wem ich komme, Don Pavolo! - Von der Gevattrin]. 4. [Ratet, von wem ich komme, Don Pavolo! - Von der Gevattrin]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-64E1-6