21. Geisterbeschwörung

Jeder, und sei er auch noch so jung, hier lernt er Erinnern;
Lernt' er es sonst schon, – hier wird er ein Meister der Kunst.
Doch hier ist's kein traulich Geschäft. Von herzlicher Treue,
Inniger Sehnsucht weiß hier die Erinnerung nichts.
Was verschwunden, gehörte der Welt. Es rauscht wie ein Sturmwind,
Wenn sich ein Folioblatt dieser Annalen bewegt.
Nur wer lesen gelernt auch zwischen den Zeilen, erfährt aus
Diesem Gedenkbuch auch heimliches Herzensgeschick.
Dichteraugen erscheint in dem Armband, das in der Villa
Unter dem Schutte sich fand, mehr als ein goldener Reif.
Ihnen ersteht aus der Asche der Arm und winkt und bewegt sich,
Schmiegt sich schüchtern und fest um des Erkorenen Hals.
Wesenloses gewinnt nun Gehalt, Geringes Bedeutung,
Und aus Moder und Staub lodert noch einmal der Geist.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Italien. Kunst und Künstler. 21. Geisterbeschwörung. 21. Geisterbeschwörung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-651E-5