7.

Mit Blumen haben sie dein Grab gefüllt,
Mit Kränzen, dieses Sommers Blütenspenden,
Daß ganz der kleine Sarg war eingehüllt.
Ich stand und sah ihm nach mit leeren Händen.
Ich hatte nichts als meiner Tränen Tau
Zum Totenopfer, Kind, dir nachzusenden.
Die armen Blumen, zugeschüttet rauh
Mit Erdgeröll, gleich dir, du ärmste Blume,
Hinweggepflückt von goldner Sonnenau;
Sie welken ihrem Schwesterchen zum Ruhme.
Ich aber, – nicht mit flücht'ger Blumenzier,
Mein Liebling, nah' ich deinem Heiligtume.
Nicht Lieder streu' ich auf den Hügel dir,
Die blumenhaft im Sommerwinde schwanken
Und dann verwehn wie diese Tränen hier.
Kein Tändeln frommt, wenn wir am Leben kranken.
Zypressen will ich um die bange Gruft
Dir pflanzen: hochaufstrebende Gedanken.
Sie schmeicheln nicht dem Sinn durch Farb' und Duft,
Sie machen heller nicht den dunklen Ort;
Doch wenn die Flur erstarrt in Winterluft,
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Umschirmt ihr ernster Wipfel fort und fort
Auch unterm Schnee den Schlummer meinem Kinde,
Und wenn mein Lebenssommer mich umdorrt,
Weiß ich, wo Schatten ich und Kühlung finde.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. 7. [Mit Blumen haben sie dein Grab gefüllt]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-65C7-9