4.

Heut nacht kam das Gebet mir in den Sinn,
Mit dem als Kind ich stets mich schlafen legte,
Und wie die Lippe sich von selbst bewegte,
Sagt' ich das »Vaterunser« vor mich hin.
[240]
Doch weil ich längst entwöhnt des Wahnes bin,
Daß väterlich des Lebens Herr mich hegte,
Geschah's, daß der Gedank' in mir sich regte:
Wie gut, daß ich ein Kind des Todes bin!
So betet' ich zu ihm: Gescheh' dein Wille! –
Gib mir mein täglich Brot an Sorg' und Mühe! –
Versuche du mich nicht! – Dann schwieg ich stille
Und lag in unaussprechlichem Gegrübel,
Bis ich aufdämmern sah die erste Frühe,
Da schloß ich fromm: Erlös' uns von dem Übel!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Meinen Toten. Tristien. 4. [Heut nacht kam das Gebet mir in den Sinn]. 4. [Heut nacht kam das Gebet mir in den Sinn]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6668-8