Unum discamus mori

C.H.v.H.


Wenn wir die gantze welt in unsern kopff gefast/
Des himmels lauff gesehn/ der erden ziel gemessen/
Bey frühem morgen-licht/ und auch bey nacht gesessen/
Und alles durchgesucht/ so kommt ein fremder gast/
Weist uns das stunden-glaß/ und spricht: Mensch lerne sterben/
Wo du nicht ewig wilst an leib und seel verderben.
Ach wunder-volle kunst/ und unergründtes werck!
Die weißheit/ so zuvor ein gantzes land geehret/
Wird da zum kinder-spiel. Was Plato hat gelehret/
Was Socrates gesagt/ und was der künste berg
Von klugheit bey sich hat/ das wird allhier zum thoren.
Wer nicht recht sterben lernt/ ist ewiglich verlohren.
Und weil ich denn gewiß/ daß iede stunde mich
Aus diesem leben rufft/ daß tag und nacht bezeuget/
Wie stets der arme mensch zu seinem grabe steiget;
So mach ich mich bereit/ und trachte brünstiglich
In dieser höchsten kunst nur dieses zu begreiffen/
Wie meine seele mög in tods-gedancken reiffen.

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TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Vermischte Gedichte. Unum discamus mori. Unum discamus mori. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6B75-F