[289] [360]Vergnügung sein selbst/ die man bey der verachtung schöpffen kan

C.H.v.H.


Was überzieht mich vor ein wetter?
Wo stürmet alle mißgunst her?
Ich bin ein ziel-zweck tausend spötter/
Mich überschwemmt ein tadel-meer.
Verleumdung speyet auff mich gallen/
Und haucht mit schwefel-dunst mich an;
Ich soll der gantzen welt mißfallen/
Ob ich gleich keinem was gethan.
Der eine tadelt das geblüte/
Dem ist die herkunfft allzu klein;
Der findet was in dem gemüthe;
Dem sind die minen zu gemein;
Dem taugt der leib nicht; dems gesichte;
Dem mangelt reichthum und ein stand/
Biß endlich auch an dem gerüchte
Ein laster-fleckmahl wird gebrannt.
[360]
Frisch auff/ mein muth/ bey dem gewitter!
Du kennest/ wo dein hafen sey.
Wer an dir sieht dergleichen splitter/
Ist selbst nicht von dem balcken frey.
Verachtung kan kein mensch entkommen/
Man stellt auch göttern fehler aus.
Wenn tugend du zum schutz genommen/
Behauptestu genug dein hauß.
Bin ich kein hoher vom geblüte/
Bin ich doch auch der schlechtste nicht.
Der adel stecket im gemüthe/
Wer weiß ob mirs daran gebricht?
Die ersten sind nur schlecht gebohren/
Und schwungen sich durch kunst empor.
Hab ich der tugend nur geschworen/
Was hält man die geburt mir vor?
Hab ich gleich ietzund keinen tittel/
Wer weiß/ was ich noch werden kan?
Der Höchste hat noch solche mittel/
Durch welche Joseph ward ein mann.
Was ich nicht bin/ das kan ich hoffen/
Wenn schweiß mir auff den wangen wacht/
Der ehren-tempel ist noch offen/
Und wird noch täglich auffgemacht.
Auch armuth macht mich unerschrocken/
Wer sich vergnügt/ ist allzu reich.
Speist mich der himmel nur mit brocken/
Sind sie doch manna-körnern gleich.
Nicht ieder kan in gold zerrinnen;
[361]
Gnug/ daß ich nicht darff betteln gehn.
Und laß ich keine seide spinnen/
Ist unschuld auch in wolle schön.
Befinden spötter an mir mängel/
Welch mensch kan ohne mangel seyn?
Es haben auch gefehlt die engel;
Und gold ist nicht von schlacken rein.
Die sonne selbst hat ihre flecken;
Wie sieht man denn auff mich so scharff?
Vielleicht werd ich sie noch bedecken/
Wenn mißgunst der verhüllung darff.
Verleumdet man zuletzt den namen;
Diß ist ein pfeil/ der alle trifft.
Der teuffel mischt stets guten saamen/
Die spinne saugt aus rosen gifft.
Offt schmieret auff die reinsten liljen
Ein käfer seinen unflath hin;
Doch koth kan ihren schnee nicht tilgen/
So bleib ich gleichfals/ was ich bin.
Laß immer spötter seyn beflissen
Zu schwärtzen meinen kleinen ruhm;
Die unschuld/ und ein gut gewissen
Verbleiben doch mein eigenthum.
Mit Joseph lach ich aller lügen/
Mich kräncket kein vergällter spruch.
Wer unterliegt/ wird endlich siegen/
Wenn mißgunst trifft ihr eigen fluch.
Mein glücke kan nicht immer schlaffen/
Ein Irus wird zuletzt erfreut/
[362]
Ein David bleibt nicht bey den schafen;
Vielleicht verändert mich die zeit.
Ich suche keine gunst bey allen/
Was acht ich/ was man von mir hält/
Kan ich den klugen nur gefallen/
Mißfall ich willig aller welt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Vermischte Gedichte. Vergnügung sein selbst. Vergnügung sein selbst. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6B89-3