Juthe an Przetislauen

Empfindst du, daß mein Brief dir nicht nach Rosen schmecket,
Ist dieses schlechte Blat nicht Biesemkuchen voll,
So dencke nur es ist mit Klosterstaub bedecket,
Und wer verstohlen schreibt, schreibt selten allzuwohl.
Ich bin gantz ungewohnt die Feder recht zu führen,
Ich kenne noch den Marckt der schönen Worte nicht,
Es weiß kein runder Spruch mein Schreiben recht zu ziehren,
Weil mir der Anfang auch des Schreibens fast gebricht.
Was aber sagest du? ich stehle hier die hertzen,
Und hätte deines selbst zu dem Altar gethan?
Es scheint der Fürst hat Lust mit seiner Magd zu schertzen,
Mein Finger rühret nichts als nur den Psalter an.
Die Bethe lieget itzt allein in meinen Händen,
In diese hab ich noch kein weltlich Buch gebracht,
Mein Auge weiß sich nur auf das Altar zuwenden,
[24]
Und ist nunmehr auf nichts als nur auff Gott bedacht.
Ich kenne fast nicht recht diß, was mein Fürst begehret,
Er haßt mein Element, darin ich leben muß,
Er sagt, ich werde hier nur durch mich selbst verzehret,
Er tadelt meinen Gang, und störet meinen Fuß.
Er will die Bethe mir aus meinen Händen bringen,
Er macht die Kloster Pflicht zu seinem Possen Spiel,
Er hat mich nie gehört und tadelt doch mein singen,
Und meint ich thäte nicht, was Bluth und Jugend will.
Diß und was ferner folgt, das seyn mir neue Sachen,
Ich kenn es nicht vielmehr, als Schrifft der frembden Welt,
Ich weiß nicht was ich soll aus deinen Worten machen,
Doch wo mich recht bedeucht, hier ist verboten Geld.
Du zeigst mir, wie es scheint, gar viel verfälschte Wahren,
Auf die des Höchsten Zorn das Feuer hat gesetzt,
Ich kan nicht allzuwohl die Gräntzen überfahren,
Nach dem der Himmel mich des Klosters werth geschätzt.
Und daß ich endlich nun hier sonder Fürhang spiele,
Und ohne Maßque dir nur zeige, was ich bin,
Mein Auge steht itzund nicht weit von deinem Ziele.
Ich kenne deinen Wunsch und spühre deinen Sinn.
Des Briefes Wolcke hat ein guter Freund vertrieben,
Er hat, was Nebel war, zur Sonne mir gemacht,
Ich hör', es will mein Fürst die arme Nonne lieben,
Und sein erhitzter Geist sey nur auf mich bedacht.
Er woll in kurtzer Zeit allhier mich selber schauen,
Und sagen, was kein Brief und Bothe melden kan,
Er woll ein solches Schloß der treuen Liebe bauen,
Dergleichen noch kein Fürst vor dieser Zeit gethan.
Ach Fürst ich bin verschenckt! und bin mir selbst entnommen,
Ein Fessel drücket mich, so schwerer ist als Ich,
Ich kan mit Ehren nicht aus meiner Zelle kommen,
Die Welt ist dein Enthalt, das Kloster ist vor mich.
Mein Namen ist nunmehr tieff in ein Buch geschrieben,
Das nichts, was irrdisch ist, in sich enthalten mag,
Ich muß vermöge diß nichts als den Himmel lieben,
Gott ist mein Bräutigam, itzt ist der Hochzeittag.
[25]
Hier soll der Haare Gold in Silber sich verkehren,
Mein Purpur soll allhier verschüssen seinen Glantz,
Der Jugend Rose soll sich in ihr selbst verzehren,
Und alles muß vergehn, doch nicht mein Ehrenkrantz;
Mein Ohre darff ietzund nichts ungereimtes hören,
Wann Bluth und Jugend ruft, und dis und das begehrt,
So muß ich ihren Trieb mit meinem Psalter stören,
Und schauen, daß man sich der ersten Gift erwehrt.
Ich bin nunmehr bemüht mich selber zubezwingen,
Denn keinen andern Feind verspühr ich fast allhier,
Mann kan so leichte nicht in unser Kloster springen,
Drüm beth' ich stets: O Gott behüte mich vor mir!
Ich unterrede mich allhier mit meinen Sinnen,
Der Schalckheit dieser Welt, der werd ich nicht gewahr,
Die beste Kundschafft ist sich selbst erkennen können,
Den frembde Kundschafft ist ümzircket mit Gefahr.
Und dencke doch, O Fürst, seyn das nicht grosse Sachen,
Ach grösser als die Welt, was Ehre heist und Gott;
Uns kan des einen Zorn zu Staub und Asche machen,
Ein Fleck deß anderen ist ärger als der Todt.
Auf den der Höchste zürnt, desselben ist vergessen,
Das Bley von seinen Grim beschwert uns allzusehr,
Die Ehre gleichet sich den prächtigen Cypressen,
Behaust du ihren Stamm, so grünen sie nicht mehr.
Doch weiß ich dieses auch, ich bin nur Mensch gebohren,
Die Tugend lieb ich zwar, doch auch die Höfligkeit,
Es hat die Freundschafft mich zum Kloster zwar erkohren,
Doch kenn ich noch allhier die Bluhmen dieser Zeit.
Dem Fürsten kan ich ja nicht seinen Wunsch zerstören,
Der mich hier sehen will, diß ist nicht Missethat,
Ich bleibe was ich war, und kan den Höchsten ehren,
Ob mich ein junger Fürst gleich angeschauet hat.
Ein Auge nimt mir nichts, die Tugend ligt im Hertzen,
Ein Blick, wie scharf er ist, dringt warlich nicht dahin,
Ich kan ohn alle Schuld zugleich mit Worten schertzen,
Und dencken daß ich hier als eine Nonne bin;
Ich bin (doch ungerühmt) mit Keuschheit so umschlossen,
[26]
Daß Wort und Blick für mir als todte Feinde seyn,
Denn wer die Liebligkeit des Himmels hat genossen,
Dem reist man nicht so bald der Tugend Vestung ein.
Doch weiß ich auch fast nicht, wie mir der Brief geflossen,
Mich deucht es führte mir hier etwas meine Handt,
Ich habe, weil ich schrieb, dergleichen Lust genossen,
Dergleichen Eva kaum im Paradies empfandt.
Inkünfftig wollen wir nichts durch Gesandte melden,
Es ist ein kaltes Werck und doch Verdachtes voll,
Mein Kloster ist gewiß kein Feind berühmter Helden,
Kom' sage mir nur selbst, wie ich dir dienen soll.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Sinnreiche Heldenbriefe. Liebe zwischen Przetislauen, Fürsten in Böhmen. Juthe an Przetislauen. Juthe an Przetislauen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6BB1-9