An Algerthen

C.H.v.H.


Ach! könte doch mein geist durch meine feder fliessen/
Wie gerne schlöß er sich in diese reimen ein/
Wie emsig würd' er dir die süssen lippen küssen/
Und einer biene gleich auff deinen rosen seyn.
Er würde zärtlich sich auff ihre blätter legen/
Und durch den honig-thau bald truncken seyn gemacht.
Dein purpur würd' in ihm dergleichen trieb erregen/
So nur das paradieß zu erst hat angelacht.
Auff deinen bergen würd' er rothe beeren suchen/
Wohin dringt endlich doch lieb und auch fürwitz nicht?
(Ich muß aus ungedult auff das verhängniß fluchen/
So unlust stählern macht/ und lust wie glaß zerbricht.)
So bleibt mein schwacher geist in seinen liebes-schrancken/
Und kommt/ wie dieser brieff/ Algertha/ nicht zu dir/
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Verschluckt die hoffnungs-kost/ und tränckt sich in gedancken/
Was ich nicht melden kan/ verdolmetscht das papier:
Wer offtmahls wenig sagt/ thut allzu viel zu wissen/
Nimm meiner liebe pfand/ die schlechte reimen/ an:
Du wirst das leben mir ie mehr und mehr versüssen/
Wenn ich in deiner gunst seyn und auch sterben kan.
Du schickst mir einen brieff/ geziert mit weisser seide/
Mit gold der zierligkeit und perlen ausgeschmückt.
Und meiner der ist schwartz und geht wie ich im leide/
Daraus die traurigkeit an allen orten blickt.
Algerthe/ wo soll ich doch endlich worte finden?
Ach! was gewähr ich dir für deine freundlichkeit.
Es will mich deine faust mit solchen seilen binden/
Die nicht zernagen kan der scharffe zahn der zeit.
Du weist der seelen selbst die fässel anzulegen:
O süsse dienstbarkeit/ so nach der freyheit schmeckt!
Du kanst mehr lieblichkeit durch deine hand erregen/
Als nicht in Indien das zucker-rohr verdeckt.
Wie ist dein schöner brieff doch mit zibet bestrichen/
Und wie verschwenderisch ist deiner worte pracht:
Ein iede sylbe will nach mosc und ambra riechen/
So dich zur herrscherin und mich zum sclaven macht.
Doch zeucht vor andern mich dein redliches gemüthe/
So wie ein heller stern aus deinem brieffe dringt.
Es rühret meinen geist und reget mein geblüthe/
Ich fühle wie sein strahl die seele mir bezwingt.
Du zeigst mir unverstellt die reinen liebes-flammen/
Das feuer/ das durch dich auch mich zugleiche brennt.
Es reimt sich in der welt doch nichts so wohl zusammen/
Als wenn sich eine brunst der andern freundin nennt.
In dieser wollen wir als Salamander leben/
Die tugend trägt uns stets ihr reines öle zu:
Es wird uns noch die welt das gute zeugniß geben/
Es liebe keiner nicht so rein als ich und du.
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Und können wir nicht stets der süssen frucht geniessen/
So schmeckt doch nichts so gut/ als wann mans selten schmeckt.
Der wein/ der mäßig muß in unsre kehle fliessen/
Hat in dem magen offt die gröste lust erweckt.
Gefahr/ verbot und zwang brennt zunder zu der liebe/
Verschloßne thürme sind die sparren unsrer lust/
Erzürnte blicke seyn die schärffsten buhlschaffts-triebe/
Und die bestraffung selbst erhitzt uns geist und brust.
Der lange winter giebt dem lentz die beste zierde/
Der schönste sonnenschein kommt aus der schwartzen nacht:
Verbotne frucht vermehrt dem menschen die begierde/
Und folgen haben offt glaß zu rubin gemacht.
Wer ungestöret liebt/ ist mehr als halb gestorben/
Wer täglich zucker käut/ spürt keine liebligkeit.
Die speisen haben selbst den besten ruhm erworben/
Darauff der kluge koch ein scharff gewürtze streut.
Auff dornen schauet man die schönsten rosen blühen/
Der sturm mehrt/ wie man glaubt/ den perlen ihren schein/
Und dürffte man sich nicht darnach so weit bemühen/
So würden sie nicht mehr als grauß geschätzet seyn.
Man muß/ Algerthe/ sich mit der vernunfft bestillen/
Und dencken daß der durst den krancken anmuth giebt/
Vergnügung paart sich nicht mit allzufreyem willen/
Der liebet ohne lust/ der ungestöret liebt.
In dieser hoffnung will ich meine reime schliessen/
Es schaut mir itzt die nacht mit schwartzen augen zu.
Ich hoff/ ich will dich bald in einem traume küssen/
So nach dem himmel schmeckt/ und lieblich ist wie du.

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TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Verliebte Gedichte. An Algerthen. An Algerthen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6C1F-7