[63] Zuchtheimine an Tugenand

Ein Brieflein deiner Magd fällt hier zu deinen Füssen,
Und wünschet: Tugenand, sey alles Seegens voll;
Weil du mir es geschafft, so hab ich schreiben müssen,
Sonst weiß ich, daß ich nicht mit Fürsten reden soll.
Ich bin wie dir bewust von gar geringen Stande,
Und weiß nicht was ein Brief so grosser Hand begehrt,
Man ehrt als einen Gott dich in den Deutschen Lande,
Ich aber bin gewiß nicht deiner Knechte werth.
Ich schreibe wie gesagt, doch mit verwörrten Sinnen,
Ich bin nicht Adlers Art, mich blend' der Sonnen Licht,
Ich weiß nicht wie mir ist, und waß ich soll beginnen,
Vor Strahlen deiner Gunst kenn' ich mich selber nicht.
Ein grosser Hertzog soll ein arme Magd erkiesen,
Die keinen andern Schmuck, als Tugend in sich führt,
Von Stande schlecht berühmt, von Schönheit ungepriesen,
Von Weißheit unbekandt, von Reichthum ungeziehrt.
Scham, Furcht und auch verdacht läst mich nicht Worte finden,
Daß ich wie sichs gebührt recht Antwort schreiben kan;
Wem Angst und Blödigkeit die schwachen Finger binden,
Der greift die Feder nur mit grossen Zittern an.
Es träget mir itzund dein wohlgeziehrtes Schreiben,
Die Bluhmen hoher Gunst in Ruhmes Schalen für,
Laß dich zu deiner Magd doch nicht die Liebe treiben,
Denn was du hast gerühmt, das findst du nicht allhier.
Es soll der Purpur sich mit Purpur nur vermählen,
Den besten Ring beschämt ein falscher Diamant,
Ich weiß dein Bitten ist ein höffliches Befehlen,
Doch glaub, ich bin zuschlecht vor eines Fürsten Handt.
Das Hauß von Sonnenreich, so schwer von Cronen worden,
Und dem der Purpur Rock fast angebohren ist,
Vergist sich endlich selbst, und seinen hohen Orden,
In dem mich Tugenand vor andern ausserkiest.
Ich weiß nicht was ich wohl soll für Gedancken führen,
Und ob dein Feuer nicht zu meinem Schimpffe brennt;
Oft pflegt der Ehrenkrantz die Bluhmen zuverliehren,
Wenn eine schlechte Magd die grossen Herren kennt.
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Ein Tritt in unser Hauß von solchen hohen Füssen,
Ist ein Genaden Werck, begleitet mit Verdacht,
Der Mund so heute sich läst einen Fürsten küssen,
Wird morgen Kinder Spott und hönisch ausgelacht.
Ihr Gold macht oftermahls uns arm an Lob und Ehre,
Ein Strahl von ihrer Gunst verzehrt oft unsern Ruhm,
Was hilfft es, das ich mich verdächtig loben höre,
Es ist entlehntes Werck, und nicht mein Eigenthum.
Wie manch erlauchter Kuß hat Bluhmen weggerissen,
Wo Nesseln mit der Zeit dafür gewachsen seyn.
Und manche muß itzund mit heissen Thränen büssen,
Daß sie sich hat erwärmt an grosser Sonnen Schein.
Darf meine Kühnheit noch was mehrers hier vermelden,
Die Lieb' ist voll Gefahr, die Macht und Waffen trägt,
Die Keuschheit wird zu nichts für einen edlen Helden,
Der auf Verweigerung bald einen Krieg erregt.
Da Ja muß Schuldigkeit, und Nein Verbrechen heissen,
Und dessen Traum alsbald in Wercke wird verkehrt,
Der wegen seiner Lust nur will den Krantz zerreissen,
Und durch der Liebe Gluth oft sich und uns verzehrt.
Da schaut man, daß alsdenn von grosser Herren Feuer
Nichts, als der Ruß verbleibt, der unsern Nahmen schwärtzt,
Gedencke Tugenand, ein Kuß ist allzutheuer,
Der unsre Ehre nimmt, wenn er hat ausgeschertzt.
Dann kan man unsern Spott an allen Wänden lesen,
Und unser Nahme muß der Lust zu Dienste stehn,
Ja wo ein solcher Held vor diesem ist gewesen,
Da will alsdenn ein Knecht nicht wohl zu Bette gehn.
Vergieb mir, was ich itzt aus freyer Einfalt schreibe,
Die Früchte, so du schaust, die hastu aufgebracht,
Und dencke, dieser Brief der komt von einem Weibe,
Die dein Erniedrigung hat allzukeck gemacht.
Ich gründe mich nun gantz, mein Fürst, auf deine Tugendt,
Du heist bey iederman ein Spiegel dieser Welt,
Ich muß dir stille stehn, so fern in meiner Jugendt,
Wo nichts zu etwas wird, dir etwas wohl gefällt.
Ich hoffe deine Gunst, die wird mich nicht beflecken,
Denn wie die Sonne schwärtzt, und doch auch bleichen kan,
So wirstu einen Strahl der Keuschheit auf mich strecken,
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Mich deucht er streicht mich schon mit edlern Farben an.
Ich lasse Gott nunmehr und deine Tugend walten,
Ist dieses nechst bey mir, so leb ich Kummers frey;
Ich weiß du trachtest mehr dein Ehre zu erhalten,
Als wie dein Liebes Wunsch recht zuerreichen sey.
Was Eh' und Ehrlich heist, hast du mir zugesaget,
Ein wort von deiner Hand ist mir ein theurer Eydt,
Ich muß gehorsam seyn, weil dir es so behaget,
Und du Belieben hast an meiner Dürfftigkeit.
Man wird mir zwar alsdenn ein scheles Auge zeigen,
Und dencken Sonnenreich sey viel zu hoch vor mich.
Ja deinem Vater will diß Werck zu Hertzen steigen,
Er saget: Tugenand will itzund unter sich;
Ich werde neben dir manch schnödes Urtheil hören,
Doch unverdienter Haß ist wohl gegründter Ruhm;
Und ein vergälltes Wort, das wird mich nicht versehren,
Bleibt deine hohe Gunst nur stets mein Eigenthum.
Itzt hoff ich mehr Befehl von deinen werthen Händen,
Und schlüsse mich nun gantz in deinen Willen ein,
Ein Geist, der züchtig ist, den kan ich übersenden,
Sonst weiß ich keinen Schatz, der um mich konte seyn.
Itzt höre noch ein Wort von deiner Zuchtheimine,
Weil ich nicht zweiffeln kan an dem, was du gesagt,
So schwer' ich daß ich dir mit gantzem Hertzen diene,
Und will mein Tugenand, so sterb ich seine Magdt.

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TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Sinnreiche Heldenbriefe. Liebe zwischen Hertzog Tugenand, und Zuchtheiminen. Zuchtheimine an Tugenand. Zuchtheimine an Tugenand. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6CB3-A