[Geliebte Flavia/ mich brennen deine thränen]

C.H.v.H.


Geliebte Flavia/ mich brennen deine thränen/
Das süsse naß beflammet meinen Geist/
Dein heisser seuffzer macht mir jammer-reiches sehnen/
So mich zu dir mit steiffen banden reist;
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Wilstu/ o Flavia/ daß Criton soll verderben/
So sage nur von deinem todt und sterben.
Es ist noch keine zeit un grabe zu verwesen/
Die jugend steht dir allzuzierlich an/
Du solt noch in der welt die zucker-rosen lesen/
Wo deine hand kein dorn verletzen kan:
Die wollust wird dir tranck aus ihrem becher schicken/
Und selber dich an ihre brüste drücken.
Es soll dich noch zur zeit ein schwartzer boy umschliessen/
Dein tugend-glantz ist etwas bessers werth.
Es wird der himmel dich als seine tochter küssen/
Der deinen mund zu seiner lust begehrt.
Laß einen kleinen sturm dich nicht zu sehr bewegen/
Ein sonnen-strahl kan alles wieder legen.
Erhebe doch nunmehr die flügel deiner sinnen/
Und stöhre selbst den trieb der ungedult/
Laß nicht die thränen-bach um deine wangen rinnen/
Das schöne feld ist frey von aller schuld.
Was wiltu unverdient es unter wasser setzen?
Die tyranney ist straffens werth zu schätzen.
Soll die verzweiffelung dir deine rosen bleichen/
So um den thau der süssen lippen stehn?
Nichts als jesmin-geruch soll diesen ort bestreichen/
Kein purpur muß von dessen grentzen gehn.
Um diese gegend muß sich lust und anmuth küssen/
Und lieblichkeit dir deine zeit versüssen.
Ach edle Flavia! leg' angst und kummer nieder/
Es speise dich des glückes überfluß/
Zerreiß in freudigkeit die kalten trauer-lieder/
Durch die dein knecht als eiß erstaren muß.
Wer ihm das hertze frist/ und selbst sein fleisch verzehrt/
Der hat für sich zu theure kost begehret.

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TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Verliebte Arien. [Geliebte Flavia- mich brennen deine thränen]. [Geliebte Flavia- mich brennen deine thränen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6D56-3