[248] Die dumme Gans

»Ich habe mich so schön geschmückt
Mit einem bunten Kranz:
Wie wär' ich doch so hoch beglückt,
Käm' Einer jetzt zum Tanz
Und wollte springen einen Reih'n
Beim Klang der Pfeifen und Schalmei'n,
Juchhe, juchhe! mit mir!«
So singt die Gans und hüpft und springt
Und wirft sich in die Brust;
Doch weil sie weiter nichts erringt,
Ist halb nur ihre Lust:
Sie tanzet ja im Sonnenschein
Mit ihrem Schatten nur allein,
O weh, o weh! allein.
Da huscht ein Füchslein aus dem Hag,
Eilt nach dem Gänslein hin
Und spricht: »ei, schönen guten Tag!
Grüß Gott, Frau Nachbarin!
Wie steht so schön doch dir der Kranz!
Willst du nicht machen einen Tanz,
Juchhe, juchhe! mit mir?«
Sie springen hin, sie springen her,
Gar lustig geht der Tanz:
»Ach, wenn ich so geschmückt doch wär'!
Komm, reich mir deinen Kranz!«
Doch als sie ihren Kranz ihm bot,
Da beißt der Fuchs das Gänslein todt,
O weh, o weh! die Gans. –
[249]
Drum wisse, was und wo du bist,
Begehrst du froh zu sein,
Und was mal deines Amts nicht ist,
Da stell den Fürwitz ein,
Sonst kann es leider auch gescheh'n,
Und wie der Gans so wird's ergeh'n,
O weh, o weh! auch dir!

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich. Die dumme Gans. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7471-1