An die Grille

Warum zirptest du mich, o böse Grille,
Aus dem süßesten Traume? – Laura saß mir,
Überschattet von Rosen, gegenüber,
Wand aus weißen und rothen Blumen Kränze,
Sang, wie Engel im Paradiese singen,
Ach, und lächelte, daß mein trunknes Herz mir
Vor Entzückung beinah zerfloßen wäre. –
Warum zirptest du mich, o böse Grille,
Aus dem süßesten Traume? Flieh mein Lager,
Kleine Zirperin, wecke, wecke Lauren
Aus dem Schlummer. Vielleicht gedenkt sie meiner,
Beym Erwachen, und seufzet, »armer Jüngling,
Warum waltet ein Unstern über unsrer
Liebe? Könnt' ich die Deine werden, könnt' ich
An dies klopfende Mädchenherz dich drücken,
Traun, du würdest mich zärtlich, zärtlich lieben,
Bis zum Grabe mich lieben«, ach, und weinet
Auf ihr Küßen das schönste Thränchen, welches
Je ein Mädchen geweint hat. – Bleib, o Grille,
Keine Zähre soll Laurens Auge trüben,
Ich will Klagen in deine Klagen wimmern,
Will mein trauriges Herz mir leichter weinen.
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TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. An die Grille. An die Grille. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DC3-C