Ballade

Ich träumt', ich war ein Vögelein,
Und flog auf ihren Schoos,
Und zupft' ihr, um nicht laß zu seyn,
Die Busenschleifen los.
Und flog, mit gaukelhaftem Flug,
Dann auf die weiße Hand,
Dann wieder auf das Busentuch,
Und pickt' am rothen Band.
Dann schwebt' ich auf ihr blondes Haar,
Und zwitscherte vor Lust,
Und ruhte, wann ich müde war,
An ihrer weißen Brust.
Kein Veilchenbett' im Paradies
Geht diesem Lager vor.
Wie schlief sichs da so süß, so süß
Auf ihres Busens Flor!
Sie spielte, wie ich tiefer sank,
Mit leisem Fingerschlag,
Der mir durch Leib und Leben drang,
Den frohen Schlummrer wach.
Sah mich so wunderfeundlich an,
Und bot den Mund mir dar,
Daß ich es nicht beschreiben kan,
Wie froh, wie froh ich war.
[180]
Da trippelt' ich auf einem Bein,
Und hatte so mein Spiel,
Und spielt' ihr mit dem Flügelein
Die rothe Wange kühl.
Doch, ach, kein Erdenglück besteht,
Es sey Tag, oder Nacht!
Schnell war mein süßer Traum verweht,
Und ich war aufgewacht.
[181]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Ballade. Ballade. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DDB-7