Lebenspflichten

Rosen auf den Weg gestreut,
Und des Harms vergeßen!
Eine kleine Spanne Zeit
Ward uns zugemeßen.
Heute hüpft, im Frühlingstanz,
Noch der frohe Knabe;
Morgen weht der Todtenkranz
Schon auf seinem Grabe.
Wonne führt die junge Braut
Heute zum Altare;
Eh die Abendwolke thaut,
Ruht sie auf der Bahre.
Ungewißer, kurzer Daur
Ist dieß Erdeleben;
Und zur Freude, nicht zur Traur,
Uns von Gott gegeben.
Gebet Harm und Grillenfang,
Gebet ihn den Winden;
Ruht, bey frohem Becherklang,
Unter grünen Linden.
Laßet keine Nachtigall
Unbehorcht verstummen;
Keine Bien', im Frühlingsthal,
Unbelauschet summen.
Fühlt, so lang es Gott erlaubt,
Kuß und süße Trauben,
Bis der Tod, der alles raubt,
Kommt, sie auch zu rauben.
[200]
Unser schlummerndes Gebein,
In die Gruft gesäet,
Fühlet nicht den Rosenhayn,
Der das Grab umwehet.
Fühlet nicht den Wonneklang
Angestoßner Becher;
Nicht den frohen Rundgesang
Weingelehrter Zecher.
[201]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Lebenspflichten. Lebenspflichten. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DE4-2