Oratorium aus dem 37. Psalm

Erzürne dich nicht über die Bösen/ sey nicht neidisch über die Ubelthäter.


Aria.

Sey zufrieden meine Seele/
Laß es Bösen glücklich gehn/
Biß sie ihr Verderben sehn.
Wer nichts wünschet/ hat genug/
Und so bin ich seelig klug/
Wenn ich diesen Reichthum wehle:
Sey zufrieden meine Seele.

Hoffe auf den Herrn/ und thue Gutes/ bleibe im Lande/ und nähre dich redlich.
[79] Recitativ.

Auf wen hab ich bißher gehofft?
Ach Himmel straffe mich doch nicht/
Daß ich so sündlich und so offt
Die Hoffnung nicht zu dir gericht/
Und da von dir sie soll alleine kommen/
Ich Menschen mir zum Gott im Hoffen angenommen.
Aria.

In Gottes Gnaden Meer allein/
Senck ich den Hoffnungs-Ancker ein.
Ich will in seinen Wegen gehen.
Gott gieb mir Brod/ das nicht beschwert;
Ein Fisch muß sein Verderben sehen/
Der sich vom Wollust Reder nehrt.
In Gottes Gnaden Meer allein/
Senck ich den Hofnungs-Ancker ein.

Habe deine Lust an dem Herrn/ der wird dir geben/was dein Hertz wünschet.
Recitativ.

Wie? meine Lust an Gott/
Wer ist denn der? die allerhöchste Lust/
Die eintzge Qvell'/ aus der in unsre Brust
Ein über irdisches Vergnügen fliesset/
Ein Strom von Canaan/ der sich in uns ergiesset.
Wie meine Lust an Gott?
Ach ohne dem ist Freude/ Lust/ Ergetzen/
Schmertz/ Jammer/ Angst/ ja ein verfluchter Todt.
Wie Seele/ wilst du auf den Herrn/
Nun deine Lust allein und ewig setzen?
Ach ja/ wie seelig und wie gern.
Mein Hertze wünscht/ was ihm der Herr kan geben;
[80]
Nur was Gott will und was Gott sügt/
Und lieber arm/ in sich vergnügt/
Als reich allhier/ und dort unselig leben.

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn/er wirds wohl machen.
Aria.

Ich will auf den Himmel hoffen/
Ihm sey alles heimgestellt;
Mir beliebt/ was Gott gefällt.
Weil er frommen Kindern offen/
Will ich auf den Himmel hoffen.

Es ist noch ein kleines/ so ist der Gottlose nimmer/und wenn du nach seiner Stäte sehen wirst/ wird er weg seyn.


Recitativ.

Wohin sind schon so viele Grossen kommen?
Wohin? daß von der Herrligkeit
Nicht mehr ein Staub? Wohin hat längst die Zeit
Die grösten Schönen mitgenommen/
Die sich der Wollust nur geweyht?
Sie sind hinweg/ wohin? das Gott erbarm!
Ach stirbt man redlich/ arm/
So darf man doch den Ort/
Wohin man kömmt/ nicht mit entsetzen nennen.
Du Welt-Kind/ fährst du fort
Vom Himmel ab/ in Sünden-Pfuhl zu rennen?
Ach/ über funfzig Jahr/
So weiß kein Mensch/ wo deine Stäte war.
So bist du auch den Weg der Welt gegangen?
Wohin? da tragt kein Mensch verlangen/
Kein Sterblicher fragt drum/
Nur Gott schlägt das Register um/
Und fragt nach deinem Leben/
Wohl! wenn du Rechenschafft kanst geben.
[81] Aria.

Flieht ihr nichtigen Gedancken.
Bleibt ihr Sinnen in den Schrancken/
Dencket/ daß ich sterben muß.
Seele/ wehre dich der Sünden.
Wilst du mich im Himmel finden/
Gib der Welt den Abschieds-Kuß.

Das Wenige/ das ein Gerechter hat/ ist besser/ denn das grosse Gut vieler Gottlosen.
Recitativ.

Ein Frommer schlief/ ein Böser schlief darneben:
Dem ersten sprach die angenehmste Ruh/
Dem andern Phantasien zu/
Die ihm der viele Wein gegeben.
Ihm daucht/ als ob sich alle Pracht von Schätzen/
Und alle Schönheit vom Ergetzen/
Zu seinen Füssen hingestellt.
Des Frommen Sinn war nicht auf dieser Welt/
Und hieng im Schlaf allein an künfftgen Sachen.
Der Himmel rief: die Zeit ist zum erwachen.
Sie stunden mit einander auf.
Ach sprach der Bös' und reiche drauf:
Lust/ Schätze/ Pracht/ wo seyd ihr hingekommen?
Der Himmel sprach: es muß getheilet seyn/
Bey dir stellt sichs im Träumen ein/
Und im Erwachen bey dem Frommen.
Aria.
1.
Laß mich Herr vergnügsam leben/
Und mein Hertz in Freuden schweben/
Wenn du mir auch wenig giebst.
[82]
Ungerechtes Gut macht Qvälen/
Doch die gröste Lust der Seelen/
Ist/ mein Gott/ wenn du mich liebst.

2.
Sey du meiner Augen Weide/
Wenn ich allen Mangel leide/
Fülle du mein Hertz durch dich.
Nirgends hab ich welche Felder.
Nun/ mein Gut und meine Gelder
Schließt der Himmel nur in sich.

Ich bin jung gewesen/ und alt worden/ und habe noch nie gesehen den Gerechten/ oder seinen Saamen nach Brodte gehen.


Arioso.
1.
Der Sternen Gold ist schön und klar/
Doch güldner ist ein graues Harr/
Das man mit Ehren träget.
Der wenigste hat Cron und Thron/
Doch grauen Haar hat Salomon
Die Crone beygeleget.
Recitativ.

Sorgst du des Abends und am Morgen
Vor dich und vor dein Kind?
Ein Heyde muß so sorgen/
Der in der Allmacht Gottes blind.
Sey ehrlich/ fromm und schlecht/
Kurtz: sey gerecht.
Und sorge nur so schön/
Wie Gott vor dich allein in Sorgen möge siehn.

[83] 2.
So lange Gott warhafftig ist/
Und seine Wunder nicht vergißt/
Darf kein Gerechter leiden.
Sein Saame baut hernach das Land.
Das Kind aus frommer Eltern Hand
Will selbst der Himmel weiden.

Laß ab vom Bösen und thue Gutes/ so bleibest du immerdar.
Recitativ.

Von Bösen ab! ach gern/ doch wie?
Brich die Gedancken ändre sie.
Mein Hertz und die Natur will nicht:
So höre denn/ daß Gott dein Urtheil spricht.
Ach Gott ist gnädig. Und gerecht/
So bin ich ein verworfner Knecht.
Wodurch? Ach Gott ists offenbahr.
Laß ab/ und thue Gütes/
So bleibst du immerdar.
Ach wird sich Gott auch mein erbarmen?
O ja nur festen Muhtes/
Nur geh und fall in seine Vater Armen.
Arioso.

Ihr Thränen fliesset mildiglich/
Und ruft Gott: erbarme dich.
Aria.

Hilff Herr/ daß ich das Böse fliehe/
Daß mich des Nechstens Liebe ziehe/
Ja daß mein Geist was gutes übt.
[84]
Kan ihm nicht viel von mir geschehen/
So laß ihn mein Gemüthe sehen/
Das Gott/ ihn/ und die Tugend liebt.

Ich habe gesehen einen Gottlosen/ der war trotzig/und breitete sich aus/ und grünete wie ein Lorbeer-Baum. Da man vorüber gieng/ siehe/ da war er dahin/ich fragte nach ihm/ da ward er nirgend funden.


Aria.
1.
Der Welt ihr eusserliches Prangen/
Hat tausend Seelen schon gefangen/
Unglücklich ist es/ böse seyn.
Die Angst hat hier ein üppigs Leben/
Wie Dornen eine Ros' umgeben/
Im Tode folgt die Höllen-Pein.

2.
Ihr Bösen mögt von aussen grünen.
Ich will hinfort dem Himmel dienen/
In Gott kan man vollkommen ruhn.
Den Spiegel zeigt mir stets die Tugend:
Reich/ arm/ das Alter mit der Jugend
Muß sterben/ und denn Rechnung thun.

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TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Moralische Uber-Schrifften- und Gedichte. Oratorium aus dem 37. Psalm. Oratorium aus dem 37. Psalm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-8654-1