[70] An die Königin.
Ueber eine Lustfahrt auf der Elbe mit den Prinzeßinnen von Braunschweig
zu Magdeburg im August 1762.
Wenn es den Erdengöttern einst gefällt
Von ihrem Thronensiz herabzusteigen,
Und ohne Purpur sich des Volkes Blik zu zeigen,
Dann werden sie die Lust der Welt!
So spielt in goldnen Zeiten Friederich
Zu Sansoucis von allem Volk gehöret,
Sein göttlich Flötenspiel, das ihn Apoll gelehret:
Und alle Welt ergötzet sich!
So sassest du erhabne Königin
Auf ausgehöltem Holtze ganze Stunden,
Und fuhrest ohne Stolz, den nie dein Herz empfunden
Vor deines Volkes Blick dahin!
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Die leichten Wimpel wehten über dir,
Wie Fahnen die ein Triumphirer bringet
Vom Felde, wo sein Arm den Feind bezwang; so zwinget
Der starke Löw, ein Panterthier!
Der Dichtkunst Schwester, die Music, erscholl
In sanftgedämpftem feinem süssem Thone;
Und du vergassest ganz den Glanz der Königs Crone
Und warest sanfter Freuden voll!
Der Sonnen Antlitz, unverschleyert schön,
Sah auf dein kleines Schiff mit unverwandten
Und strahlenreichen Blicken, streute Diamanten
Und ließ die Fahrt durch Silber gehn.
Die Elbe fühlte Vorzug, nennte klein
Des deutschen Reiches stolzere Gewässer;
Beschift, Holdseeligste, von Dir, dünkt sie sich besser
Und edler, als der breite Rhein.
[72]
Unsichtbar hieng ein ganzes Nimphen Chor
Rund um das Schiff, und wollte sich erfrischen
An Luft, die dich gekühlt: und selbst den kalten Fischen
Hub Ehrfurcht ihren Kopf empor!
An deiner linken Seite sassen zwo
Gleich holde Wesen; Aehnlichkeit der Züge
Verrieth sie mir; Ihr Herz war über neue Siege
Des Helden, deines Bruders froh.
Er schleudert Schrecken, Niedersturz und Flucht,
In Franckreichs Heere; lässet Blitze schiessen,
Bis Ludewig, dem er die Lilien zerrissen,
Demüthig wird, und Frieden sucht.
Er kommt der Friede von des Himmels Höh.
Dich, Fürstin, wird an stillen Sommertagen
Vor Friedrichs Angesicht ein goldnes Fahrzeug tragen
Auf wieder stolz gewordner Spree.