An Se. Hochfürstl. Durchlaucht den Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg
1771.
Wenn Dir, empfindungsvoller Held!
Ein dankbar Herz in meinem Liede
Mehr als die hohe Kunst gefällt,
O dann wird mir Dein Ohr nicht müde,
Dann ist es meinem Saitenspiel erlaubt,
Ohn' Unterlaß Dir vorzutönen,
Und niemals schüttelst Du Dein lorbeerreiches Haupt,
[149]Ob Du gleich von den Musensöhnen
In Pindars Ton besungen bist,
Und ich im Ton des kleinen Vogels singe,
Der, wenn der Tag erwacht, schon in den Lüften ist,
Damit er dem ein Opfer bringe,
Durch dessen Einfluß die Natur
Der Menschen und der Lerchen Speise
Hervorbringt auf der Weizenflur.
O Dir gefällt auch dieser leise
Stets wiederholte Lobgesang,
Du hörst ihn oftmals Tagelang
Im Erndtemond, wenn Dich die Rebenlaube decket
In Deinem Garren, wo der selbstgepflanzte Kohl
Vor Deinen Augen wächst und Dir so köstlich schmecket,
Als jenem Römer, den in's hohe Capitol
Der Siegeswagen trug, die Rübe schmecken mochte,
Die er zur Friedenszeit sich selbst am Heerde kochte.
Mein Geist belauschet Dich, erhabner Ferdinand!
Er siehet Dich Dein ländlich Haus bewohnen,
Du fütterst Du mit eigner Hand
Die Hühner die Dir durch ihr freundlich Kirren lohnen,
Und Ceres sieht Dir lächelnd zu.
Kein Augur, der zu Rom die heiligen Hühner speiste,
Gefiel der Göttin so wie Du,
Denn keiner war von solchem Geiste,
[150]So tapfer und zugleich so sanft und angenehm.
Und könnt' ich selber so bequem
Als wie mein Geist die Luft durchwandern,
Dann käm ich oft Dir zuzusehn.
Herr, Deine Mäßigung fehlt vielen Alexandern,
Die Thaten, welche schon von Ihnen sind geschehn,
Nicht achten, und höchst unzufrieden leben,
Weil sie der Welt von sich nichts mehr zu reden geben.