An Denselben

Milon, gestern war ich selig,
Wie ein Sonnenbürger ist:
Ach mein Auge hat unzählig
Diese Stirne sanft geküßt,
Die der Mahler kaum so göttlich
Mahlen wird, als du sie hast.
Mache mir doch künftig spöttlich
Nicht die Tage mehr zur Last –
O was hab ich ausgestanden,
Als Zemire ward gespielt,
Und mich deine Blicke fanden,
Und ich nicht den Trost erhielt,
Daß du in der Nähe bliebest.
Sage mir, warum du so
Meiner Seele Kummer liebest?
Sprich, warum dein Fuß entfloh,
Daß ich deiner vollen Schläfe
Feine Locken nicht mehr sah?
Denke nur, wie mir geschah,
Fast als ob ein Blitz mich träfe,
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Weinen wollt ich eine Fluth,
Durfte nicht und musts ersticken.
Schmerz durchflammete mein Blut,
Wehmut saß in meinen Blicken,
Bis Zemirens Rose kam,
Und ich meine Rosen dachte,
Und der gar zu schwere Gram
Sich durch Thränen leichter machte.
[291]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Karsch, Anna Louisa. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1792). Lieder der Liebe. An Denselben. An Denselben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-8ED7-A