An die Prinzessinn Heinrich
Halberstadt, den 23. Febr. 1762.
Durchlauchtigste Prinzessinn
Gnädigste Frau!
Ich befinde mich außer den Umschanzungen Magdeburgs, an dem Tage, der die Palläste erleuchtet von dem Glanz der Feierlichkeit, wovon Ew. Königl. Hoheit die Ursache sind; aber meine Erinnerung ist nichts desto weniger lebhaft. An diese Festlichkeit gedenk ich und wünsche mir, in derselben die Prinzessinn [145] zu sehen, die im leicht flatternden Morgengewand alle Reizungen einer Bezauberung hat; ich beneide meinen Freund, aus dessen Hause ich mir das Glück gebe, Ewr. Königl. Hoheit zu schreiben. Er macht mir Beschreibungen von dem Stolz, den er zu bekämpfen hatte, nach der Gnade, die ihm ein Zufall gab: Sie kamen, gnädigste Prinzessinn! durch Halberstadt, und die veralterten Gemäuer zitterten Ihnen Ehrfurcht entgegen.
Ja in Wahrheit, gnädigste Prinzessinn, ich empfinde einen Ansatz zum Stolz, ich setze diese glückliche Stunde Gleim entgegen, wenn er mir sagt, wie er Sie einst im Nahmen des Herrn Dohm-Dechants empfing, und eben jezt ruf ich ihm zu, daß er nicht mit mehr Ehrfurcht Ewr. Königl. Hoheit ergeben ist, als Sapho.
[148]Fußnoten
1 Ihre K.H. hatten der Dichterin Endreime vorgeschrieben, welche sie mit ihrer gewöhnlichen Leichtigkeit im höchsten Beisein der Prinzessinn mit Gedanken ausfüllte.