[105] Zuruf an Glogau
(Den 24ten Jenner 1760.)
Der König lebt! und dein Gesang
O Glogau! soll er seyn:
Dich schloß er, nah am Untergang
Im Arm des Schutzes ein.
Schon zeichnete um dich der Krieg
Mit Flammen seine Spur,
Und wenn der Rauch gen Himmel stieg,
Erstaunte die Natur.
Mitleidig sah dein Blick umher.
Der Flüchtling schreckte dich;
Und brausend wie das wilde Meer,
So wieß der Russe sich.
[106]
Dein Schutz-Geist kam, und Friedrich trat
Den Feinden vor den Schritt;
Zurücke taumelte ihr Rath,
Und ihre Wuth gieng mit.
Ein Schrecken redte durch das Heer;
Ihr Auge sah empor,
Und von dem Himmel rollte schwer
Der Donner in ihr Ohr!
Du aber froh und unberührt
Von eines Feindes Hand,
Sahst die Gefahr zurückgeführt,
Und sicher ward das Land.
Sey ruhig, sey voll Zuversicht!
Dein König lebt, und schließt
Den rauhen Feldzug eher nicht,
Bis er noch Sieger ist!
[107]
Der Nordwind und der Mangel bringt
Den Feind nicht aus dem Feld;
Doch wenn ihn nicht der Winter zwingt:
So zwingt ihn unser Held.
Er lebt! und in ihm lebt der Geist
Der groß ist in der Schlacht,
Und, wenn das Glück sich ihm entreißt,
Den Feind noch zittern macht!
Er lebt! Sein Leben und sein Sieg
Sey heute dein Gesang!
Ihm singe wer sein Lob verschwieg
Durch schwerer Zeiten Zwang.
Ihm singe wer ein redlich Herz
Im Busen klopfen hört,
Und wer mit fromm empfundnem Schmerz
Die Sorgen Friedrichs ehrt.
[108]
Er schützt sein Volk, und opfert ganz
Uns seine Ruhe auf.
Groß ist Er; ewig sey sein Glanz
Und lang sein Lebenslauf!