Gesang auf eine Hochzeit,
welchen die Dichterin in der tödtlichen Schwäche ihrer letzten Krankheit zu Frankfurth an der Oder gedichtet
Im September 1791.
Süß ist die Liebe der Ehen,
Geheiliget wird ihre Glut,
Und nimmer kann sie vergehen
In Herzen bieder und gut.
Von dieser Liebe durchdrungen,
Preiswürdige Schwester! bist Du,
Und Waffen, der Dich errungen:
Euch jubeln wir Fröhlichkeit zu.
Wer kann die Fröhlichkeit schildern,
Die unsere Seelen durchdringt?
Kein Dichter mit reizenden Bildern,
So hoch, so herrlich er singt.
[131]Wir sehn, wir wissen auf immer
Dich glücklich an traulicher Hand,
Die Jahre verschwächen Euch nimmer
Der Liebe rosiges Band.
Du unsre Herzensverwandte,
Vermählte Schwester, Du machst
Uns oft zu Onkel und Tante,
Wir bitten, daß Du nicht lachst.
Viel weniger daß Du darüber
Das Stirnchen in Falten willst ziehn;
Denn was ist schöner und lieber
Als Früchte der Ehe sehn blühn.
Du hängest das Köpfchen herunter?
Nun richt es nur wieder empor!
Sey lieblich lächelnd, sey munter,
Dein Bräutigam lächelt Dir vor.
Wir fühlens mit stillem Entzücken,
Daß Er verbrüdert uns ist;
Wir danken mit Worten und Blicken
Dir, wenn uns Sein Brudermund küßt.
[132]Er zeig' uns die Brudergesinnung,
Wie Dir die Liebe, unwandelbar vest,
Bis Euch des Alters Beginnung
Nur mit Urenkelchen tändeln noch läßt.
Dann ruhet Euch unter der Laube,
Und sehet die Spiele der Kindelein an,
Und labet mit saftiger Traube
Den Gaumen, der trocken zu werden begann.
Jezt seyd Ihr so saftig wie Trauben,
Jezt sind Euch die Lippen so Pfirsichen weich;
Dem zärtlichsten Pärchen der Tauben
Seyd Ihr an zarten Empfindungen gleich
1.
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