Ueber die Vorzüge des
Prinzen Friedrichs von Braunschweig

1765.


Soll ich zuerst besingen den Befreyer,
Den Retter Braunschweigs? oder das Gefühl
Des großen Herzens und des schönen Geistes Feuer:
Was wählest du mein Saitenspiel?
Den Heldenmuth des Prinzen, oder Seine
Süßrednerische Suada, die voll Geist
Von seinen Lippen rauscht, so wie durch Blumenhayne
Der Quell auf goldnem Sande fleußt.
[14]
Dem Afrikaner Scipio, dem jungen
Pompejus und dem Sieger über ihn,
Dem Cäsar selbst, ist niemahls eine That gelungen,
Die mehr des Lorbeers würdig schien
Als diese That des kühnen jugendlichen
Beschützers von der Aelterväter Grab;
Ihm gürteten, nachdem des Feindes Macht entwichen,
Die Grazien den Degen ab,
Und küßten Seine Kranzumwundne Schläfe,
Und ordneten Sein staubbepudert Haar,
Und frugen, welcher Held und Halbgott überträfe
Den Jüngling? der noch glühend war
Von einem Kampf, in welchem tausend Stöße
Sein schlanker Arm mit schnellgezücktem Speer
Den Feinden gab. Und jetzt schrieb Er: zu welcher Größe
Das alte Rom gestiegen wär
Zur Zeit, als von dem pflugzerrißnen Acker
Bestäubt und braun, jedweder Römer kam,
Und für das Vaterland mit schnellem Eifer, wacker
Die rostbefreyte Waffen nahm.
[15]
Da liefen selbst des Sonnen, Wagens Räder
Nicht schneller als der Römer Siegesglück.
Wollüstig flog noch nicht in salbenreiche Bäder
Ihr Feldherr aus der Schlacht zurück.
Als aber die Luculle, die Verschwender
Sich brüsteten an Tafeln groß zu seyn,
Da ward die Herrscherin der unterworfnen Länder
In reichgewordnen Bürgern klein.
Als im Senat die Clodiusse sprachen,
Und redend Gold sich um das Consulat
Tief unterm Volk bewarb, und der erwürgten Grachen
Vergoßnes Blut um Rache bat:
Da ward durch ihrer eignen Kinder Wüten,
Gestürzt das stolze, hochgeseßne Rom,
Die Königin der Welt, vor welcher Völker knieten
Vom Euphrat bis zum Donaustrom.
Nun donnert sie den fernentlegnen Thronen
Nicht Schrecken mehr durch ihres Nahmens Klang,
Ihr sonst berühmter Strom sieht Männer um sich wohnen,
Gewöhnt zu weibischem Gesang.
[16]
Sie spricht nicht mehr die Sprache der Lateiner,
Und hört in ihrer neuen Mundesart
Durch Friedrichs wälsches Buch erzählen, daß sie kleiner
Aus einer Frau zur Sclavin ward,
Und frägt erstaunt, »ob Tasso von den Schatten
Gekommen, oder Pluto der Monarch
Des Orcus, sich bezwang, die Reise zu verstatten
Dem Laurasuchenden Petrarch?«
[17]

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TextGrid Repository (2012). Karsch, Anna Louisa. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1792). Oden. Ueber die Vorzüge des Prinzen Friedrichs von Braunschweig. Ueber die Vorzüge des Prinzen Friedrichs von Braunschweig. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-90A3-2