An den kleinen von K. über die Landkarte von Persien, Griechenland und ganz Asien
Mein Wilhelm! Strecke nicht die zarte
Die kaum gebaute Kinderhand
Nach dieser kunstbezognen Karte,
Du kennest weder See noch Land.
Wenn sieben Sommer sind entwichen
Und Dein Verstand begreifen kann,
Da staunst Du bey den seinen Strichen
Des Alexanders Feldzug an.
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Dir zeiget Deiner Mutter Finger
Viel Königreiche, die der Gang
Und Anblick von dem Städtezwinger
Schnell unter seine Füße zwang.
Du siehst den Hellespont und hörest
Von Xerres stolzen Uebermuth,
Du siehst Thermopylä und ehrest
Der Griechen edle Heldenwuth.
Das Vaterland der alten Dichter,
Die schon Jahrtausende geglänzt
Wie um den Mond die Sternenlichter,
Von der Unsterblichkeit gekränzt.
Athen und Lesbos siehst Du Knabe,
Und Theben und Lacedämon,
Und fragst nach des Homerus Grabe,
Und fragst: Wo schläft Anacreon?
Wo Sophocles? Achill? und jener
Berühmte Pindar? und Socrat,
Der Philosoph, der als ein schöner
Erhabner Geist im Tode that?
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Wo schlummern Helden? wo die Weisen,
Von welchen die Geschichte sagt,
Nach welchen auf entfernten Reisen
Des Jünglings Neubegierde fragt?
O beste Mutter! alle diese
Berühmte Männer sind dahin,
Wie Herbstgras von gemähter Wiese;
Nichts schont des Schicksals Eigensinn.
Nichts blieb zurück als ihre Tugend
Und ihres großen Geistes Ruhm –
Geliebte! Treib Du meine Jugend
Stets in der Weisheit Heiligthum!