An eine Dichterin,
welche das Klavier spielte

1767.


Des Jovis, der Latona Sohn
Hat mir ein Saitenspiel gegeben;
Du aber kannst im süßen Ton
Die Stimme zum Gesang erheben.
Dein Finger hüpfet wie der West,
Der an dem schönsten Tag des Mayen
In jugendliche Blumen bläst,
Die Deines Lieblings Blick erfreuen.
Hör auf, geliebte Zauberin!
Hör auf zu singen und zu spielen;
Ich brenne, da ich weiblich bin,
Was wird nicht dieser Jüngling fühlen,
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Der über Deine Schultern sieht,
Bald Deinen weißen Hals betrachtet
Bald dieses Auge, welches glüht
Und redet, und im Sprechen schmachtet?
Hör auf, o Mädchen! jeder Schlag
Dringt tiefer in des Jünglings Busen,
Und das, was Dein Klavier vermag,
Vermag kaum eine von den Musen.
[79]

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TextGrid Repository (2012). Karsch, Anna Louisa. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1792). Gedichte. An eine Dichterin, welche das Klavier spielte. An eine Dichterin, welche das Klavier spielte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9206-3