Waldleben

Sei willkommen, Wandersmann,
In des Waldes Einsamkeit!
Was ein armes Leben freut,
Hier man einzig finden kann.
An der Quelle ruht das Reh,
Drossel übet freien Sang;
Waldesnacht macht dir nicht bang!
Grün tut keinem Auge weh.
Bach und Tau gibt kühlen Schein,
Blume blühet ungepflückt,
Tief in Klüften, nie erblickt,
Schlummert Gold und Edelstein.
Eile nicht zu Stadt und Tal:
Eine Mühle treibt der Quell,
Drossel, so gesungen hell,
Sitzt im Bauer stumm und kahl.
Aus der Erde stillem Schoß
Reißen sie den Edelstein;
Wie ein Auge gibt er Schein,
Das von Tränen überfloß.
Armer, armer Wandersmann!
Weil', o weil' in Waldesnacht!
Draußen Mond und Sonne wacht,
Sieht dich jeder fragend an.
[85]
Aber hier in Waldesschoß
Gehst du einsam mit dem Quell,
Siehet dich kein Auge hell
Als der Tau auf Blum' und Moos.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Gedichte. Die lyrischen Gedichte. Waldleben. Waldleben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A50C-9