Herz und Auge

1.

Herz! – wie bist du inniglich
Mit dem Auge doch verbunden!
Schlägt die Welt dir blut'ge Wunden,
Zeigt im Aug' die Träne sich.
Aber wird dir Wonne, Herz!
Sonnig dann das Auge funkelt!
So wie's wieder sich verdunkelt,
Kehrt in dich zurück der Schmerz.
Grün das kranke Auge hellt –
Bist du, Herz, in Weh und Nöten;
Schneller als der Menschen Reden
Heilt dich 's Grün in Wald und Feld.

2.

Das Auge und das Herze sind
Zwei Liebende, eng im Verein,
Wenn lang das Herze leidet Pein,
Wird gern das Auge trüb und blind.
Und wird das Auge blind und trüb,
Das Herze gern im Tode bricht;
»Gern brech' ich,« es zum Auge spricht,
»Dann siehst du wieder, treues Lieb!«

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Herz und Auge. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A64E-F