Hohenstaufen

An Conz.


Es steht in stiller Dämmerung
Der alte Fels, öd und beraubt;
Nachtvogel kreist in trägem Schwung
Wehklagend um sein moosig Haupt.
Doch wie der Mond aus Wolken bricht,
Mit ihm der Sterne klares Heer,
Umströmt den Fels ein seltsam Licht,
Draus bilden sich Gestalten hehr.
Die alte Burg mit Turm und Tor
Erbauet sich aus Wolken klar,
Die alte Linde sproßt empor,
Und alles wird, wie's vormals war.
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So Harfe wie Trompetenstoß
Ertönt hinab ins grüne Tal,
Gezogen kommt auf schwarzem Roß
Rotbart der Held, gekleid't in Stahl.
Und Philipp und Irene traut,
Sie wall'n zur Linde Hand in Hand:
Ein Vogel singt mit süßem Laut
Vom schönen griech'schen Heimatland.
Und Konradin, an Tugend reich,
Der süße Jüngling, arm, beraubt,
Im Garten steht er stumm und bleich:
Die Lilie neigt ihr trauernd Haupt.
Doch kündet jetzt aus dunklem Tal
Den bleichen Tag der rote Hahn,
Da steht der Fels gar öd und kahl,
Verschwunden ist die Burg fortan.
An ihrer Stätt' ein Dornbusch steht,
Kalt weht der Morgen auf den Höhn, –
Und wie der Fels, so kalt und öd
Scheint rings das deutsche Land zu stehn.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Gedichte. Die lyrischen Gedichte. Hohenstaufen. Hohenstaufen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A88A-6