[87] Teutschliebender Leser

Wer weiß nicht/ daß wir so Gelehrten so Vngelehrten schreiben? Beyden aber daß wir mögen verstanden werden: Massen unser Wissen nichtig ist/ wenn wir einem andern nicht mittheilen/ was wir wissen. In Ansehen dessen haben wir/ denen Vnbelesenen zu gut/folgende Stellen erläutern wollen: Vor Hochverständige sind weder die Verse/ vielweniger die Anmerkungẽ/ gemeinet/ derer Schriften wir lieber lesen/ denn wir die unsern von jhnen wollen gelesen wissen. In dergleichen Art entschuldigen uns Heinsius/ Grotius/Opitz/ Buchner/ Schottel und andere; wiewol wir diesen Nebel mit jener Sonnen im minsten nicht zu vergleichen/ gewillet: Sondern nur darüm/ weil uns niemand besser verstehet/ wo wir hin zielen/ als wir selbsten. Was die neuübliche Schreibekunst betrifft/bitten wir/ man wolle uns hierinnen unverhörter Sache nicht beurtheilen. Die Verdoppelung der mittlautenden Buchstaben kk muß in allwege behalten werden/weil c kein Teutscher/ sondern Lateinischer Buchstabe/ wird auch in den andern Haubtsprachen nicht gefunden noch angenommen. Oelinger hat ihn nebenst dem q auß dem Teutschen Abc gantz außgemustert. Die Holländer/ in Vbersetzung der güldenen Sprachthür deß Komenius in das Niderländische/ habẽ das ck auch [88] verworfen. Der Vnterschied zwischen einem offenen und geschlossenen u/ v/ U/ V/ einem langen und kurtzen j i / J I/ haben ja so wol die Lateiner als wir vor nohtwendig gehalten. Die eigene Namen/ die wir auß andern Zungen entlehnen/ und derer nicht entbehren können/ müssen mit Teutschen und nicht fremmten Buchstaben geschrieben werden: Es ist aber das Ph kein Teutscher Buchstabe. Nun fragen wir/ ob auch im Teutschen das φ mit dem Ph besser als Faußgedrukket werden könte? Wie dann auch die Lateiner und Itäliäner das Ph in F verwandelt. Zu dem wundert uns/ was die Teutsche Sprache muß verschuldet habẽ/ daß man sie will über die Griechische und Lateinische Leiste schlagẽ/ da sie doch an Güte und Alterthum diesen beyden nichts bevorgibt. Denn diese/ nach Verwirrung der Sprachen/ der Ascenas/(dessen Vatter Gomer und Großvatter Jafet gewesen) mit sich vom Babel gebracht/ dieselbe in die Länder Europens durch seine Nachkommen außgebrettet/ wie solches der fürtrefliche Schottel in der dritten Lobrede der Teutschen uhralten Haubtsprache herrlich außgeführet. Doch wollen wir diese Meinungen niemand auffgedrungen haben/ sind vielmehr diß willigen Anerbietens/ uns eines jeden Mehrverständigens Belernung in dieser Sache zu untergeben. Gott mit uns.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Klaj, Johann. Gedichte. Redeoratorien. Höllen- und Himmelfahrt. Teutschliebender Leser. Teutschliebender Leser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AF79-9