[190] Die Trümmern

Traum von dem Tag' ist ein nur verkündeter Plan; Ausführung
Ist der erwachte, goldene Tag.
Schon begann für die Franken die Morgenröthe zu dämmern,
Wehete Schauer die Frühe; da ward
Selber der Grund des menschlichsten Plans zerstöret! Von der Nacht
Rede, wer kann.
Steht mir, Bemerkende, bey, entdeckt: Ob jemals was gleich war
Dem, das Schmach den Franken jetzt ist,
Seyn wird, und so, wie laut es auch preise die eherne Unscham,
Treiben auf immer im Strome der Zeit.
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Wenn die volle Gewissheit zeugt, und von Grösse der Unthat;
Ewigen diese Geschicht', und Gesang.
Sucht in der Welt der Fabel, Bemerkende, sucht in der wahren:
Aber entdeckt!
Ward vortrefliches je so ganz entheiligt? Erhabnes,
Sank es jemals so tief?
Schrumpfte so sehr die Schönheit ein, von der Eiterung todtbleich,
Schwindend, ein schleichend Gespenst?
Wurde Weises so ganz zu Thörichtem? Wurde die Menschheit
Jemals also entmenscht?
»Drache ward der Gott, den um Heilung Hesperien anrief!
Jupiter Stier!«
Jupiter war denn ein Gott; doch was war der Despot des Olympus?
Ihm verderbte der Stier nicht zu viel.
»Sieh, dort weilet er, schaft der erfindende Künstler. Er will nicht
Werden Parrasios, Angelo nicht:
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Will Er Selber seyn! Das Meisterwerk ist vollendet!
Aber den glühenden fasst
Schnell was, wie Zaubergewalt; er bildet um, die Gestalten
Werden wilde Phantome des Wahns!«
Schweiget von dem, was die Kunst gebar; die Vergleichung entähnlicht
Durch ihr Heiteres: Gallien hat
Viel zu traurig verwandelt, gemacht aus den Rechten des Menschen
Rechte des Kamul! (Der Gott
Dürstete Menschenopfer) Zu diesem Barbarischen stimmet
Nicht der Anmuth leisester Laut,
Nicht der Grazien; sie hat lang schon der Kamülottide
Angespien, und gepeitscht!
»Nun so schaue denn um, und starr' auf die Trümmern. Dort lag einst
Eine wimmelnde tönende Stadt,
Voll von Bürgerglück. Die Pest kam. Die mit der Schaufel
Raubten bald, und begruben nicht mehr.
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Da die raubten, nicht mehr begruben; flog der Belagrer
Glühend Geschoss,
Zündete Haus und Thurm, und mit den gesunkenen Thürmen
Schwieg das Todtengeläut.
Da das Todtengeläut verstumt war; stürmten sie, würgten,
Schnellere Seuche, Mutter und Kind!
Bruder bey Bruder, den Sohn, den Bräutigam, neben dem Vater;
Aber langsam die Braut!«
Weh die glückliche Stadt ist gewesen, die fröhliche! Wendet
Eure Thränen, und schaut nicht zurück.
»Ach wir schauen immer noch hin, es gebricht uns an Stärke,
Wegzuwenden den Blick.
Niedergestürzt, vernichtet die Obergewalt des Gesetzes,
Durch das herschende Schwert!
Schreyender Widerspruch: Freystaat, und ein Staat, der auf Mord sich
Gründet! Wer nent
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Diess Republikgeripp mit Einem Namen? Entflieh nicht,
Rede, nenne mit uns!
Henkerstaat! sey der erste Nam', und der andere Sklaven-
Staat!« Der nennet auch, so verstumt.

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TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Oden. Zweiter Band. Die Trümmern. Die Trümmern. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B475-6