[266] Mein Gram

Einer der hohen Geister ist heruntergestiegen
In die Versamlung der Väter, die Galliens Freyheit erschufen,
Und der Unsterbliche hat die glücklichen, durch Eingebung,
Über der Menschheit Loos erhöht.
Wonne! er gab den Versammelten ein die erhabne Verheissung:
»Nie führt unser Volk den Krieg der Erobrung!« Ihr Antliz
Wurde heller, schöner der Blick, und ihr neues Ansehn
War beynah nicht der Sterblichen,
Da sie das heilige Wort aussprachen; auch wandelten ihnen,
Da sie redeten, sich in sanftere Laute die Stimmen:
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Und sie gruben es nicht in Felsen; denn selbst der Fels sinkt
Trümmer dem lösenden Arm der Zeit.
Aber sie haben's geschrieben mit Erzt' auf Blätter; und dieser
Waren tausendmal tausend: so schrieben's auch andere Völker.
Wüte die Flamme denn unter den Blättern; sie steigen niemals
Alle zerfliessend im Dampf empor.
Wehe! nun kam ein höherer Geist herab zu dem Freunde
In die Versamlung der Väter, die Galliens Freyheit erschufen.
Und er stehet und schaut den Begeisterer an, und zeiget
Rings mit dem winkenden Stab' umher.
Jener sah es jetzt in der Halle sich röthen; es war nicht
Röthe des kommenden Tags; sah's weiss dann werden, es war nicht
Farbe der Blüthen, oder der Lilien; denn nicht diese
Liebliche Weisse hat Gebein.
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Und sie entflohn der Erde mit schweigender Trauer, und wandten
Ernster ihr Auge weg von den Landen und Meeren, wo bald nun
Werde der Kriegesdonner Verkündiger seyn des schönen,
Heiligen, nicht gehaltnen Worts.

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TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Oden. Zweiter Band. Mein Gram. Mein Gram. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B4BD-4