[146] Der Freyheitskrieg

Weise Menschlichkeit hat den Verein zu Staaten erschaffen,
Hat zum Leben das Leben gemacht!
Wilde leben nicht; sie sind jetzt Pflanzen, dann athmen
Sie als Thier' ohne Seelengenuss.
Hoch stieg in Europa empor des Vereins Ausbildung,
Naht dem letzten der Ziele stets mehr;
Ist nicht des Zeichners Entwurf, ist beynahe Künstler vollendung,
Raphaels, oder Angelo's Werk,
Raphaels, oder Angelo's Werk, wenn der Zauber der Farb' auch
Hier und da Verzeichnung beschönt.
Aber so bald die Beherscher der Nazionen statt ihrer
Handeln; dann gebeut kein Gesetz,
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Das dem Bürger gebeut, dann werben die Herschenden Wilde,
Löwen, oder entzündendes Kraut.
Und jetzt wolt ihr sogar des Volkes Blut, das der Ziele
Letztem vor allen Völkern sich naht,
Das, die belorberte Furie, Krieg der Erobrung, verbannend,
Aller Gesetze schönstes sich gab;
Wolt das gepeinigte Volk, das Selbsterretter, der Freyheit
Gipfel erstieg, von der furchtbaren Höh,
Feuer und Schwert in der Hand, herunter stürzen, es zwingen
Wilden von neuem dienstbar zu seyn;
Wolt, dass der Richter der Welt, und, bebt, auch eurer, dem Menschen
Rechte nicht gab, erweisen durch Mord!
Möchtet ihr, ehe das Schwert von der Wunde triefet, der Klugheit
Ernste, warnende Winke verstehn!
Möchtet ihr sehn! Es entglüht schon in euren Landen die Asche,
Wird von erwachenden Funken schon roth.
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Fragt die Höflinge nicht, noch die mit Verdienste gebornen,
Deren Blut in den Schlachten euch fliesst;
Fragt, der blinken die Pflugschaar lässt, die Gemeinen des Heeres,
Deren Blut auch Wasser nicht ist:
Und durch redliche Antwort erführet ihr, oder durch lautes
Schweigen, was in der Asche sie sehn.
Doch ihr verachtet sie. Spielt denn des neugestalteten Krieges
Nie versuchtes, schreckliches Spiel,
Alzuschreckliches! Denn in den Kriegen werden vergötzten
Herschern Menschenopfer gebracht.
Sterbliche wissen nicht, was Gott thun wird: doch gewahren
Sie, wenn grosse Dinge geschehn,
Jetzt sein langsames Wandeln, jetzt donnernden Gang der Entscheidung,
Der mit furchtbarer Eil' es vollbringt.
Wer zu täuschen vermag, und mich liebt, der täuscht den Erlebung
Wünschenden, weissagt donnernden Gang.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Oden. Zweiter Band. Der Freyheitskrieg. Der Freyheitskrieg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B56C-3