[187] An Diederich Herrmann Biederstedt bei der Feier seiner fünf und zwanzigjährigen Amtsführung

Greifswald. 1814.


Wohl lieblich sind des Boten Füße,
Der uns die Friedenszeitung bringt:
Wohl singt die Nachtigall so süße,
Die uns die ew'gen Freuden singt.
Doch, nur dem Krieg' entblüht der Friede;
Das wahre Leben giebt der Tod;
D'rum rufe kräftig! Nicht ermüde,
Uns zu verkünden, was uns noth!
[188]
Und was ist noth uns? Buß und Glaube!
Ach, Buß' und Glaube thun so noth!
Vom Dornstrauch lies't sich nicht die Traube;
Die Diestel bringt kein Lebensbrod.
Durch Zittern nur und durch Erbangen
Erringt sich die Beruhigung;
Und niemand mag zum Heil gelangen,
Als auf dem Weg' der Heiligung.
Thut Buße! rief in seinem Grimme
Der Täufer mit des Donners Ton.
Thut Buße sprach mit sanfter Stimme
Des ew'gen Vaters ein'ger Sohn.
Die hohen Zwölf, die Boanergen,
Sie blieben ihrer Sendung treu:
Und in den Thalen, auf den Bergen
War Buße rings das Feldgeschrei.
Ignatius, der du am Stamme
Des Kreuzes deine Lieb' umschlangst;
Hirt Smyrna's, der du mit der Flamme,
Der innern und der äußern, rangst;
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Held, der mit Kraft den Feind geschädigt,
Karthago's Vater, Hort und Haupt;
Es war die Echo eurer Predigt:
»Seyd wacker, Kindlein, kämpft und glaubt!«
Den blutbeladnen Kaiser bannte
Ambrosius, getreu der Pflicht.
Wie heiß des Mörders Reu' auch brannte,
Der Priester Gottes wankte nicht.
Chrysostomus schoß Blitz' auf Blitze,
Entflammt für seines Meisters Braut.
Die Kaiserinn fuhr bleich vom Sitze,
Und Constantins Stadt weinte laut.
Johannes Gerson schlief im Grabe;
Doch blieb des Eifrers Grab nicht stumm;
Thut Buße, rief er aus dem Grabe,
Und glaubt dem Evangelium!
Als an des Leman Lustgestaden
Die Stimme Labadie's erscholl,
Sah man Geneva thränenbaden,
Und der Rhodan schwieg ehrfurchtsvoll.
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O Tauler, sey uns unvergessen!
O Spener, bleib' uns lieb und werth!
O Ar'nd, wer mag mit dir sich messen?
Wer hat, wie Du, den Herrn verklärt!
Und Du, der Ost und West zum Segen
Sein Marterlamm inthronisirt!
Und Du, demüthiger Ter Steegen,
Der Groß und Klein in's Nichts geführt ...
Kehrt wieder, Starke! Unsre Rede,
Beschämt durch euer kräftig Wort,
Wallt durch des Münsters weite Oede
Dumpfhallend über Gräbern fort.
Ihr straftet, und das Todte lebte!
Wir schonen, und was todt, bleibt todt!
O Geist, der in den Vätern webte,
Geist Gottes, lehr' uns, was uns noth!
Eins und noch Eins thut noth dem Volke!
Ach, Buß' und Glaube thun ihm noth!
Zeugt, Brüder, mit der Zeugenwolke
Von Jesu Kreuz, von Jesu Tod!
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O Wort vom Kreuz! o Wort des Lebens!
Erhabnes, unausforschlichs Wort!
Wer dich versäumt, irrfährt vergebens;
Wer dich begriff, gewann den Port.
Das Wort vom Kreuz ist stark und kräftig,
Und scharf wie kein zweischneidig Schwert;
Lebendig ist es, schnell, geschäftig,
Und haut und brennt und nagt und zehrt;
Es richtet Sinnen und Gedanken;
Es scheidet läuternd Mark und Bein;
Dieß Wort, mein Bruder, sonder Wanken
Laß dieß Wort deine Waffe seyn!
Sey stark im Herrn! Sey allzeit fertig,
Deß Werk, der dich gesandt, zu thun!
Dem Willigen ist er gewärtig!
Und nach der Arbeit ist gut ruhn!
Und, o des Trostes! nicht verloren
Soll, Bruder, unsre Arbeit seyn!
Er hat's gesagt; Er hat's geschworen!
D'rum glauben wir, zu Trutz dem Schein.
[192]
»Wie sich der Thau vom Himmel senket,
Und nicht zum Himmel wieder kehrt,
Er habe dann die Flur getränket,
Das Gras erfrischt, den Halm genährt;
Also das Wort aus meinem Munde!
Es kehrt nicht leer zurück zu mir;
Es bringt die Frucht zur rechten Stunde.«
Dem Wort, mein Bruder, trauen wir.

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TextGrid Repository (2012). Kosegarten, Gotthard Ludwig. Gedichte. Gedichte. An Diederich Herrmann Biederstedt. An Diederich Herrmann Biederstedt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B719-D