Der 6. (66.) Kühlpsalm

Als er schaute am 9. Nov. 1680, sechtzig Jahre nach der Friderichsschlacht, sich wider aufstehen; an seinem 28 Jenner 1681 bei der Rosenlilge in Oxfurt den wesentlichen anfang, und endlich nach den Ulmischen gesichtern des 9 Jenners am 7 Februar das Heidelbergisch Baselsche Erdbeben; höchst bekräfftiget gesungen zu Amsterdam an seinem 30 Geburtsjahrtag, den 25 Febr. 1681.


1.
Preist Jehoven höchstentrühret,
Himmel, Erde und du Menschgeschlecht!
Preist Jehoven, der regiret
Euch so güttig, gnädig, voller Recht!
Preis Jehoven, meine Seel, erfreuet!
Stimme lider voller lust!
Schalle bis zur Sonnenbrust!
[33]
Im Gottloben suche Rust!
Das Gottloben hat gebenedeiet:
Tausend gaben zugestreuet.
Jehovah thuts allein! Jehovah sei erhoben!
Jehovah, Unser Gott, der nimmer auszuloben.
2.
Unaussprechlich ist dein leiten,
Unser Vater, Schöpffer aller ding.
Keine Zunge mags ausbreiten:
Aller Mund ist ewig zugering.
Wunderheimlichst bleiben deine Wege!
Unbegreifflichst dein Begrif!
Langsam scheinet, was fortlif!
Seichte, was erschrekklich tif.
Ungebähnet sind gebähnste Stege!
Ungereget, was höchstrege.
3.
Du Jehovah, bist mein Retten.
Bist und warest und verbleibst mein Schirm!
Du Jehovah, brichst di Ketten,
Und verwendest alle Unglükksstürm!
Du Jehovah breitest meine Enge!
Breiter wird di schmalste schmal,
Di mich fesselt überal,
Als des Nimrods Kaisersaal:
Als des Virreichs ausgedehnte länge
Aller stoltzen Jagtgepränge.
4.
Was nun heimlichst anbeginnet,
Führt Jehovah offentlich ins Werk!
Drum geschihet, das verrinnet
Aller Menschen eigenwitz und stärk!
Stoltze Printzen, di ihr Gott verlassen,
Euer Ratschlag der vergeht,
Weil Jehovah widersteht,
Das das Christusreich erhöht,
Welches grimmig eure Reiche hassen,
Weil es alle Reich wird fassen.
[34] 5.
Lasst di Völker Uns umgeben!
Gott Jehovah schützet seine Ehr!
Si verlihren Reich und Leben,
Und erscheinen Weltlich nimmermehr.
Durch Jehovah mus ich herrlich sigen!
Gott Jehovah ist mein Heil,
Meine Stütze, meine Seul,
Mein erkohrnes Erbschaffttheil.
Aus Jehovah ist mein gantzes rügen,
Und der andern unterligen.
6.
Seht, ihr Printzen, was ihr trutzet?
Seht, wi A.L.L.E.S. allen schrekkbar dräut?
Greuel ist das ihr euch putzet!
Nimrod, Cäsar sind von Gott entkleidt.
Seht Augusten! Merket auf sein schrekken,
Das er Christo gäntzlich wich,
Ihm den Herrennahmen strich,
Und sich einem Kind nicht glich.
Trutzen stürtzet! Hof-art wil beflekken:
Puchen mus sich selbst erstökken.
7.
Printz der Printzen! sei willkommen!
Himmels König! König aller Erd!
Di Vorläuffer sind vernommen!
Du bist eintzig aller Reiche werth.
Ach enttho(oh)ret, irrdsche Cananitter!
Josua, der ist im Zug!
Brauchet Gibeons betrug!
Seid durch jener Vorbild Klug.
Gebt di Reiche vor dem Ungewitter!
A.L.L.E.S. ist der Jesulitter.

Zweiter Theil,

Über seine geheime Ausreisung aus Teutschland den 23 Mertz 1676, noch geheimere fünffjährige Figurirung und allergeheimste Wesensankommung, zu London am 24 Mertz 1681.

[35] 1. 8.
Rühmt Jehoven höchsterreget,
Ihr geschöpffe dises rundten Rund!
Rühmt Jehoven, gantz beweget,
Machet mit mir sein erbarmen Kund!
Rühm Jehoven, mein Erfreut Gemütte!
Sprich nun seine Wunder A.V.S.,
Wi di Lilirose raus,
Mächtig, prächtig, gelb und Kraus!
Singe von des grossen Gottes gütte!
Schalle, halle seine Sitte!
Jehovah thuts allein! Jehovah sei erhoben!
Jehovah, unser Gott, der nimmer auszuloben!
2. 9.
Alles mus dem Schöpffer dinen,
Ob gleich Alles allen widrig scheint:
Auch das dürrste steht im grünen,
Ob di Sinne gäntzlich dis verneint,
Unsre tritte sind bei Gott gemessen,
Di Gedanken abgezählt.
Solte nun, was auserwählt,
Ewigst sein unabgepfählt:
Gottes Kelter kan aus allem pressen!
Solt Gott seines Werks vergessen!
3. 10.
Selten lis es sich ansehen,
Als vil wolken A.L.L.E.S. finstern dikk!
Weil das Thir sich kont aufblähen,
Gingen täglich wir (Ach!) nur zurükk.
Wann di Sonne kaum Uns wolt ansonnen,
Kamen neue nebel fort.
Schifbruch dräut Uns bei dem Port:
Doch Jehovah war mein Hort.
Alle flutten aus den falschen Bronnen
Sind durch Gotteskrafft verronnen.
4. 11.
A.M.A.L.ekk und A.G.A.G. zittern,
Nun das Thirrom unsre Schwärtze schwärtzt!
[36]
Furcht wil ihren Geist verbittern,
Weil Jehovah gnädigst Uns umhertzt!
Gottes Lamlöw fänget an zubrüllen,
Rekket nicht sein haupt nur vor,
Kommt auch mit dem leib empor,
Als das Probfünff sich verlohr:
Springet hurtigst aus den wolkenhüllen,
Zu dem Wesen, zum erfüllen.
5. 12.
Jauchtze Himmel! Freu dich Erde!
Unser Probsechs ist (Gottlob) vollendt!
Jauchtze, du verdrükkte Heerde!
Di Erlösung kommet hergerennt!
Jauchtzet, Insuln, di ihr seid erkohren
Zu Jehovahs grossem Werk,
Zu der Völker Wundermerk,
Zu Jehovens Gnadenstärk!
Jesus Rose wird aus euch gebohren:
Nehmet dises ernst zu ohren.
6. 13.
Blaset liblichst, ihr Dreimänner!
Blaset einig eur dreieinges feur!
Danket herrlichst, ihr Vorrenner!
Eure asche wird im goldfas theur.
Blaset ewigst aus den Dreitrommeten
Einig in dreieinger Schrifft!
Ihr seid sattsam ausgesifft!
Euer Silber ist entgifft!
Eure asche wil Tinctur durchröthen
Nach so vilen tausend nöthen.
7. 14.
Dein, Jehovah, ist di Ehre!
Dir gehöhret eintzig aller ruhm!
Dein, Jehovah, ist di lehre!
Dise kam aus deinem Heiligthum!
Dein, Jehovah, ist mein gantzes leben!
Ich elender bin nur staub,
Schwächer als der Bäume laub;
Aller Eitelkeiten raub.
Was du gabest, kan ich eintzig geben:
Las mich ewigst an dir kleben.

[37] Dritter Theil.

In an- nach- und vorsehung seiner 10. Monden, welche vom 25 Febr. bis auf dem 2. und 11. Aprill, durch 40. und 50 tage in Holland und Engelland, sich aus dem Wesen, durch zeichen, Figur, Wesen, Hauptwesen, fünffmahl concentrirten; höchstverwundernd gesungen zu London den 25 Mertz 1681.

15. 1.
Lobt Jehoven alle Zungen!
Admet, brodmet, hauchet seine gnad!
Lobt Jehoven höchst gedrungen,
Und verkündigt seinen Wunderrath!
Lob Jehoven Du, mein hertzenswallen!
Adme in dir Gottesgang!
Brodme seinen gnadenfang!
Hauche seiner Libe zwang!
Las aufs herrlichst Gottes Weg erschallen,
Und erschallend lobreich hallen!
Jehovah thuts allein! Jehovah sei erhoben!
Jehovah, Unser Gott, der nimmer auszuloben.
16. 2.
Wi di Welt aus Gott entstanden
Voller Ordnung, Mas, gewicht und zahl:
So führt Gott in Wunderbanden
Uns zum end im hauptverborgnem strahl.
Wi di Siben dreifach ausgeflossen,
Eh der Erdengrund gesätzt,
Eh di Himmel eingenetzt,
Eh di Geister sich ergötzt:
So ists täglich ALLS Uns ausgesprossen,
Und ins Wunder vorgeschossen.
17. 3.
Wi ein Kind in Mutterleibe
Durch zehn Monden wird geheim erzeugt:
So sprach Gott zu Uns: bekleibe;
Bis sein Wesen wesentlich aufsteigt.
Wi di Seele sich im leib anzündet,
Und der Geist aus ihr vorbricht
In dem lichten Feuerlicht
[38]
Augenblikklich zum Gesicht:
So hat Gott sein Werk in Uns gegründet,
Bis er sich aus Uns empfindet.
18. 4.
Wi mein Heiland ward empfangen
In der heilgen Jungfrau Mutter schos:
So gibt er mir gleiches prangen,
Als er geistlich mich zuerst umflos.
Wi er dreifach seinen ruf vollführet,
Durch der virtzig tage nacht,
Virtzig Mond und stunden Wacht,
Durch der virtzig tage pracht:
So hat Christus Uns dreifach durchrühret,
Das sein virtzig wird verspühret.
19. 5.
Was di Printzen nun beginnen,
Zur aufnehmung ihrer Nimrodsreich:
Dis wil augenblikks verrinnen,
Weil mein Jesus würkt im innerm gleich.
Blindheit ist den Jägern widerfahren,
Weil si Pharaons geschlecht;
Drum verfechten si sein Recht,
Und das höchste scheint nur schlecht.
Blindheit wird das rothe meer zupaaren
Ihnen und den stoltzen Schaaren.
20. 6.
Höhrt ihr Printzen, fallt zu füssen,
Eh der eifer gäntzlich euch aufzehrt:
Wer mit Judas sucht zuküssen,
Der vergeht, weil ihn das schwerd durchfährt.
Eure Reiche sind euch nur gelihen,
Weil das Wild war allzuwild,
Das ihr zähmtet ihr gefild:
Nun ist Gottesschlus gestillt.
Eilt zum Erbprintz! Fallt zu seinen Knien,
Das euch eure schuld verzihen.
21. 7.
Gott Jehovah, Gott der Götter!
Gott Jehovah Jesus Tsebaoth!
[39]
Gott Jehovah, mein Erretter!
Nun geschihet endlich dein Gebot.
Alle Völker eilen dich zupreisen,
Dich, Dreieinger, übergern,
Oben, unten, nah und fern,
Als den eingen Erdenherrn!
Alle Länder lernen aufzureisen.
Nach des Neulids neuen Weisen.

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TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 2. Fünfftes Buch. Der 6. (66.) Kühlpsalm. Der 6. (66.) Kühlpsalm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B854-E